2 mai 2017 0 Commentaire

Don Giovanni in der Komischen Oper

 

Gruselkabinett, Sevillanas, Toreros und die Commedia dell’Arte

Mozart selber hat seinen Don Giovanni ein dramma giocoso genannt, also etwas Leichtes, Spielerisches, Lustiges mit ernstem Hintergrund. Das hat sich der Regisseur Herbert Fritsch fast ein wenig zu sehr zu Herzen genommen – das mit dem leicht-lustigen!. Grell geschminkt, überaktiv, total unpsychologisch und schnodderig ist er dieser Don Giovanni – aber bei all dem Blödsinn dann doch wieder unterhaltsam und kurzweilig.

Don Giovanni spielt in Sevilla und dementsprechend ist der Chor sevillanisch. Die Mantilla, das ist ein spanisches Schleiertuch in edler schwarzer Spitze, das die noble Spanierin schon seit dem Mittelalter  auf einer Art Gerüst auf dem ádeligen Kopf trägt, um keusch die Haare zu verstecken und ihre noble Abkommenschaft zu manifestieren, ist auch die einzige Requisite auf der Bühne. Sie schmückt hier nicht nur Donna Anna sondern hängt großflächig in verschiedenen Varianten, Mustern und Schichten  wie große Vorhänge herab -  eine Art Raumteiler, eine fliegende spanische (Spitzen)Wand sozusagen. Sonstige bewegliche oder unbewegliche Gegenstände auf der Bühne braucht es auch gar nicht. Hier liegt der Schwerpunkt auf den reißerischen Darstellern. Die Kostüme nehmen uns schon den Grad an Aufmerksamkeit, den wir sonst dem Bühnenbild widmen würden. Fritsch hat wohl seine Sänger nach tänzerischem oder schauspielerischem Talent ausgesucht, denn sie mussten  akrobatisch veranlagt und sehr beweglich sein und jeden Schmarrn mitmachen.

Jetzt ist natürlich Don Giovanni eine der am häufigsten aufgeführten Opern, unzählige Mal auf der Bühne und allen bekannt, weshalb es sehr schwer, etwas Neues oder Originelles zu erfinden. So hat jede Epoche einen Don Giovanni stilisiert, einmal als romantische Dämonisierung oder als grausames Spiel der Männer, immer mit Regelbrüchen verbunden, auch wenn diese  noch so lächerlich dargestellt werden. Dieser hier pendelt zwischen einer Hommage an die Commedia dell’Arte aber auch an die skurrile Rocky Horror Picture Show hin und her. Sogar das düster-dramatisch Ende bringt uns bei Fritsch noch zum Lachen, wenn der in der Hölle versunkene Bösewicht zum Schluss mit der toten Hand der Marmor Statue winkt: dann erst fällt der Vorhang.

Glänzend der Joker-Don Giovanni (Günter Papendell). Er ist der verschlagene und skrupellose, schlaue Brighella,  tanzt, hüpft und rennt in seinem eng anliegenden rosa-lila Stierkämpfer-Kostüm  mit roten Lippen und Strümpfen  und singt – so scheint es jedenfalls – dabei mühelos! Er scheint sich prächtig zu amüsieren. Hämisch grinsend und allgegenwärtig, lugt er immer irgendwo hervor. Allein schon für diese Glanzleistung muss Papendell gelobt werden.

Donna Anna (Brigitte Christensen) ist eine ewig Beleidigte in Flieder mit roten Haaren, die immer aus ihren schwarz ummalten Augen herausschmollt, während Donna Elvira (Nina Bernsteiner) die Sevillana-tanzende, aggressive, gelbe Schöne, die auch schon mal selbst den Degen in den Hand nimmt, ständig störende und sich  dafür entschuldigende Betrogene, ist. Don Octavio (Adrian Strooper) ist ein orange-bunter Rocker-Weichling der schwächlich und schamlos Donna Anna anmacht.

Leporello (Philipp Meierhöfer) ist der Arlecchino, der mit seiner naiven Fröhlichkeit, seiner Verfressenheit, seiner Unlust, seiner ironischen Volksnahheit ebenfalls über die Bühne hüpft und stolpert. Ihn scheint diese Anstrengung aber stottern zu lassen. Die Katalogarie ging irgendwie unter Zappeln unter. Aber die Musik – es war natürlich in deutscher Sprache gesungen – stand hier sowieso nicht im Vordergrund und hat kräftig Schrammen bekommen. Beeindruckend der Komtur (Bogdan Talos) mit seiner grandiosen Stimme. Die Zanni der Commedia dell’Arte wären dann wohl die Hochzeitsgesellschaft um die weiße Zerlina/Columbina und Masetto ist wie immer ein Trottel. Aber vielleicht ist es auch ganz anders, die Figuren hatten alle etwas von Allen.

Es gibt allerdings  auch ganz grandiose Stellen in dem Stück. Köstlich Don Giovannis Luftgitarren-Rock-Solo inklusiv zerschmetterter Rock—Star-Allüren-Gitarre. Grandios gelöst die Verkleidungsszene im zweiten Akt, wenn die Mäntel tauschenden Herr und Diener kurz zu Toreros werden und exzellent die Abschlusszene. Ansonsten zerschmettertes Geschirr, schwache Blasen, grelles Geschrei, Herum-Gerenne, Schüsse und Degen, die ständig klemmen oder dem blinden  Komtur einen Stromschlag versetzen, so dass der sich wohl selber den Degen gibt. Aber manchmal sind die Scherze nicht mehr lustig und verbrauchen sich im Verlauf des Stückes.

Schön sind sie also nicht anzusehen, aber das war ja bei der Rocky Horror Picture Show auch nicht so und trotzdem ist diese zum Kultmusical geworden. Vielleicht wird das hier auch noch so.  Bestimmt 10% der Besucher kamen gestern – drei Jahre nach der Premiere – nach der Pause nicht mehr zurück!

Jordan de Souza hat ganz schön ankämpfen müssen, um die Musik immer wieder in die erste Reihe zu bringen. Auf jeden Fall müssten die Beteiligten einen ersten Schauspielpreis bekommen, auch wenn das Psychologische oder Metaphysische von Mozart einfach in den Farbtopf geworfen wurde.

Christa Blenk

 

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