15 décembre 2021 0 Commentaire

Werkbetrachtung: Perseus mit dem Kopf der Medusa – Benvenuto Cellini

für Kultura Extra

Benvenuto Cellini (1500-1571) – Perseus mit dem Kopf der Medusa

„Dann verfertigte ich die Statuen [des Perseus] von Ton und brannte sie, allein mit einigen Knaben, unter denen einer von großer Schönheit war, der Sohn einer Dirne, die Gambetta genannt. Ich hatte mich dieses Knabens zum Modell bedient, denn wir finden keine anderen Bücher, die Kunst zu lernen, als die Natur.“ (Fragment aus Goethes Übersetzung von Benvenuto Cellinis Vita)

Vom Palazzo Pitti über die Brücke Ponte Vecchio kommt man an unzähligen touristischen Schmuck- und Goldschmiedeläden vorbei. Eigentlich fast ein Affront für den größten Goldschmied von Florenz, Benvenuto Cellini (1500-1571). Nach der Brücke sind es dann nur noch ein paar Meter bis zur Piazza della Signoria und dort steht Cellinis Hauptwerk in der Loggia dei Lanzi: Perseus mit dem Haupt der Medusa. Im 16. Jahrhundert standen auf diesem Platz nur noch zwei weitere bedeutende Kunstwerke: der David von Michelangelo (1475-1564) und Donatellos (1386-1466) Judith. Die drei Hauptwerke der florentiner Bildhauerkunst bestechen nicht nur durch ihre Perfektion, auch im Thema vereinen sie sich: es geht um Rache und Mord. Holofernes hat zwar seinen Kopf noch, aber Judiths Hand liegt auf seinem Hals und wir wissen, was gleich passieren wird. Der mutige David hat sich seine Steinschleuder gerade geschultert, um in den erfolgreichen Kampf gegen Goliath zu ziehen.

Perseus hingegen hat sein Werk bereits vollbracht. Die Medusa ist tot. Wir, die Betrachter, sehen die Situation danach. Die Enthauptung hat stattgefunden. Muskeln und Fasern seines athletisch-durchtrainierten Körpers befinden sich noch in äußerster Anspannung. Unter Perseus‘ linkem Spielbein liegt der kopflose Körper der Medusa auf einem Marmor-Kissen. Der Zaubersack zum Abtransport des Kopfes liegt darunter. Perseus‘ Zehen hinterlassen Abdrücke in ihrem Fleisch. Die horizontale Position seines Schwertes in der rechten Hand macht ihn zum tänzelnden Matador, der manieristisch-virtuos seine Hüfte dreht. Sein ausgestreckter Arm hält die Trophäe, den Kopf der Gorgone, wahrscheinlich einer jubelnden Menschen- oder Göttergruppe entgegen. Wollen wir hoffen, dass sie nicht allzu direkt auf sie geschaut haben und zu Stein geworden sind. Perseus‘ rechtes Bein ruht auf dem glänzenden Schild. Unter seiner Tarnkappe kräuseln sich Stopsellocken, die denen der Medusa sehr ähnlich sind. Kein Wunder, die beiden sind ja schließlich verwandt. Cellinis Signatur befindet sich auf dem zierlichen Wehrgehänge schräg über seinem Körper, die Flügelsandalen und auch der Helm wirken eher wie eine Verspieltheit und nicht wie eine strategische Notwendigkeit.

Beschwerlich sind die Pfade, die den Sohn der Danae und des Zeus durch entlegene Wälder und Berge ins Reich der Gorgonen führen. Immer wieder kreuzen versteinerte Kreaturen seine Bahn, Lebewesen, die mit der Medusa in Blickkontakt kamen. Ovid beschreibt diesen mühsamen Weg in seinen Metamorphosen. Im Verlaufe dieses Abenteuers tötet Perseus– wie es das Orakel vorhergesagt hat – aus Versehen seinen Großvater während eines Diskus-Wettbewerbs. Mit Perseus, dem berühmtesten Held der griechischen Mythologie, haben die Götter ihren Deus ex macchina an die Front geschickt, um die schrecklichste der drei Schwestern, die sterbliche Medusa, aus dem Weg zu räumen. Dabei soll die Gorgone einmal sehr schön gewesen sein, das war vor der Vergewaltigung durch Poseidon im Tempel der Athene – jedenfalls meint das Ovid. Athene sah das wohl anders, denn anstatt ihr beizustehen, stellt sich die Göttin auf die Seite des Peinigers, verwandelt das Opfer in ein Monster und ihre Haare in schauderhafte Hydren. Mehr noch, Athene wird Perseus später das taktisch so wichtige verspiegelte Bronze-Schild geben. Perseus nutzt es als Spiegel, muss die Medusa während des Tötungsaktes nicht direkt anblicken und entkommt so der Gefahr der unwiderruflichen Felswerdung. Die Nymphen steuern ihrerseits den unsichtbar machenden Helm sowie die Tasche zum Abtransport des Kopfes bei. Von Hermes bekommt er die Waffe der Titanen, ein Sichelschwert aus hochwertigem Stahl und Flügelschuhe. Perseus selber blickt nach unten, während er den Kopf der Medusa hoch hält. Vielleicht wartet er auf die Geburt des Pegasus, seines Zeichens sein Vetter, um mit ihm direkt die Flucht anzutreten.

Mit so einer professionellen Ausstattung stand das gewagte Unterfangen unter einem positiven Stern.

Die Position des Perseus in der Loggia ermöglicht es dem Besucher, ihn von allen Seiten zu betrachten. Eine Achtsichtigkeit der Werke hat Cellini für eine freistehende Figur verlangt. Unterhalb des Sockels wurde auf Wunsch des Herzogs eine Reliefplatte mit einer weiteren Heldentat angebracht, denn Perseus hatte mit dem Kopf der Medusa seine Waffe gefunden. So befreite er damit Andromeda aus den Fängen des Meeresungeheuers und sorgte dafür, dass aus dem Riesen Atlas das Atlasgebirge wurde, denn Atlas hatte ihm einfach die Gastfreundschaft verweigert, vor allem weil er Angst um seine Äpfel hatte.

1545 kehrte Cellini nach Florenz zurück. In Frankreich hat er für König Franz I vor allem hochwertige Goldschmiedearbeiten gefertigt. Es war eine besondere Ehre für den Künstler, vom Herzog Cosimo I von Medici so einen bedeutenden Auftrag für die Piazza della Signoria zu erhalten, denn damit landete er auf dem Podest mit den beiden Großen: Michelangelo und Donatello. Immer wieder musste er aber die Arbeiten am Perseus unterbrechen, einmal fehlte das Geld, dann hatte er keine Mitarbeiter und so vergingen Jahre, bis er die Figur schließlich in einem Guss realisieren konnte. Geübt hat er vorher an einer Büste für den Herzog. Die Fusion von Bronze mit Marmor ist Cellini mit diesem Meisterwerk perfekt gelungen. Bemerkenswert auch die Skulpturen in den kleinen Nischen im Sockel. Hierbei handelt es sich um die Eltern von Perseus, Danae und Zeus sowie die Götter Hermes und Pallas Athene, seine Verbündeten bei der Operation Medusa. Die Herzogin hat sich direkt in die kleinen Bronzen verliebt und wollte sie für ihre Gemächer haben. Cellini musste sie heimlich aus ihren Räumen entfernen lassen, um sie wieder dem Sockel einzuverleiben. Sehr verärgert soll sie darüber gewesen sein. Bedeutende Nachfolgeaufträge hat er nicht mehr bekommen, obwohl er nach der Enthüllung des Perseus‘ in den florentinischen Adel aufgenommen wurde. Von den verlangten oder vereinbarten 10.000 Scudi hat der Herzog höchstens 3.500 bezahlt und das auch nur auf Raten.

Der Florentiner Bildhauer und Goldschmied Benvenuto Cellini hat sein aufregendes und bewegtes Leben im Alter minutiös in einer Autobiographie festgehalten. Zwischen Intrigen, Streitereien, Missgunst, Krankheit und zwei Gefängnisaufenthalten beschreibt er seine Kunst und die Schwierigkeiten, sie zu schaffen. Das ging schon damit los, dass er sich in Florenz erst eine Werkstatt für sein prestigeträchtiges Projekt einrichten musste. Er erzählt von seinem Aufenthalt am französischen Hof bei Franz I und den mühevollen Reisen und von seiner Zeit in Rom unter Papst Clemens VII. Cellini war ein harter Arbeiter, hielt sich selber für einen „guten, begabten, melancholischen, gereizten, streitsüchtigen, aber auch sehr lebenstüchtigen Kerl“. Unter Bescheidenheit hat er jedenfalls nicht gelitten und zimperlich war er auch nicht.

Wie jetzt Goethe genau auf Cellinis Buch kam, weiß man nicht. Auf jeden Fall brauchte Schiller Beiträge für die „Horen“ und so veröffentlichte Goethe von 1796-1797 – zwar unvollständig – seine Übersetzung in Schillers Zeitschrift in 12 Folgen. Leicht dürfte ihm die Übersetzung nicht gefallen sein, denn die Arbeiten von Cellini waren ihm ja fremd und den Perseus hatte er bei seinem ersten Florenz-Aufenthalt zu seinem Bedauern nicht einmal wahrgenommen oder bemerkt.

Die Bronze steht heute immer noch auf der Piazza della Signoria in Florenz. Entstanden ist sie zwischen 1545 und 1554. Sie ist 320 cm und mit Sockel 519 cm hoch.

Christa Blenk

 

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