19 avril 2021 0 Commentaire

Robert Delaunay – St. Séverin No 3

für KULTURA EXTRA

 

Im Jahre 1140 wird im Norden von Paris, in Saint Denis, der Grundstein für die erste gotische Basilika gelegt. Ihr sollten weitere Prachtexemplare wie die Kathedralen von Nôtre Dame de Paris, Chartres, Amiens oder Reims – nur um einige zu nennen – folgen. Mit ihren burgundischen Spitzbögen, den skelettartigen und technisch perfekten Rippen- und Kreuzrippengewölben und den zum Teil kunstvoll verzierten Strebepfeilern beeindrucken sie immer noch. Diese bis dahin nie erreichte Höhe wird von transparenten, schwerelos wirkenden, großflächigen und bunten Fensterfronten, die das Licht Gottes bzw. die Sonnenstrahlen wirklich bis in den letzten Winkel  des Gotteshauses lassen, noch verstärkt. Die Kathedralen in Saint Denis oder Chartres sind ein Musterbeispiel dieser Lichtarchitektur. Noch bis ins 16. Jahrhundert wird die gotische Bauweise praktiziert und bringt immer prächtigere Kirchen in ganz Europa hervor.

Seine Bewunderung für Cezanne und für den Kubismus manifestiert der französische Künstler Robert Delaunay (1885-1941) mit der Serie einer gotischen Kirche, die direkt vor seinem Pariser Atelier im 5. Arrondissement steht. Delaunay bringt dem analytischen Kubismus, der 1909 gerade mal drei Jahre alt ist, mit der Saint Séverin-Serie  Farbe und Bewegung bei. Das Werk Saint Séverin No 3. entsteht um 1909/1920, misst ca. 114 x 87 cm und hängt im New Yorker Guggenheim Museum.

Die gotischen Linien stürzen unsicher in die Höhe, das Mauerwerk ist verbogen, die Kurven ausgehöhlt und kantig. Licht strömt durch das große hintere Fenster und von rechts ins Innere. Die schlanken Rundpfeiler versprechen etwas, das sie wahrscheinlich nicht halten können. Delaunay malt ein gerade stattfindendes Erdbeben unter der Kirche, das den knetbaren Boden aufreißen will. Und ob die gen Himmel strebenden Pfeiler wirklich das Gewicht an das Erdreich weiterleiten werden, ist sehr fraglich. Die Spitzbögen laufen blau-grün-beige zusammen aber vor allem laufen sie durcheinander, überschneiden sich manchmal.  Den Scheitelstein scheinen die Rippen auch nicht zu finden. Mit dieser wackeligen und ziemlich baufällig wirkenden Interpretation widerlegt, ja verrät Delaunay, das Grundprinzip der Gotik, nämlich die Errungenschaft einer geraden, stabilen, in den Himmel ragenden und schwindelerregenden Höhe. Das  Prinzip der gotischen Konstruktion von Stütze und Last hat Delaunay hier ausgehoben. Seine kalaidoskopisch versetzten Perspektiven und Prismen zerlegen jegliche Form. Noch malt der Künstler farbreduziert und es wird auch noch ein paar Jahre dauern, bis er den Orphismus erfindet.

Es überrascht nicht, dass Delaunays Gotik-Auslegung den expressionistischen Film später beeinflussen wird. Der Künstler ist hier nur noch einen Schritt von der Abstraktion entfernt, hat aber seine Vorlage, die gotische Kirche vor seiner Haustür aus dem 14. Jahrhundert,  noch nicht aus den Augen verloren. Delaunays verfremdeter Realismus verändert das gotische Raumgefühl und lässt eine neue, rhythmisch-musikalische Farb- und Formerfahrung entstehen. Er malt eine  kubistische Landschaft à al Cezanne, mehr noch, er malt die Transition von Cezanne zum Kubismus und legt einen persönlichen Grundstein für seine bekannten Eiffelturm- und Fenster-Bilder. An Kandinsky schreibt er, dass er an „durchscheinenden Farben, den Noten in der Musik vergleichbar“, arbeite.

Über den Künstler

Robert Delaunay geht – zusammen mit seiner Frau Sonia – als Hauptvertreter des Orphismus in die Kunstgeschichte ein. Guillaume Apollinaire benutzt  1912 diesen Begriff während einer Ausstellung der Fenster-Bilder, von denen zwölf im Januar 1913 in der Berliner Galerie „Der Sturm“ gezeigt werden. Gleichzeitig erscheint ein Text des dichtenden Kunstpapstes für das Februar Sturm-Heft.

Während des Ersten Weltkrieges hält sich das Ehepaar Delaunay in Spanien und Portugal auf und steht in Kontakt mit Diego Rivera, Igor Strawinsky und Sergei Djagilev. Für letzteren und sein Ballet Russes kreiert er Bühnenbilder. Erst 1921 gehen die Delaunays nach Frankreich zurück und Robert nimmt Kontakt zu den Dadaisten und Surrealisten um André Breton auf. 1937 arrangiert er mit viel Erfolg zwei Pavillons bei der Pariser Weltausstellung. 1940 flieht das Künstlerpaar vor den deutschen Besatzern nach Südfrankreich wo Robert Delaunay 1941 stirbt.

Christa Blenk

 

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