5 avril 2020 0 Commentaire

The mother of us All – aus der MET

für KULTURA EXTRA

Failure is impossible  

Am 4. April um 1.00 Uhr morgens sitzen wir vor dem PC, um die Premieren-Übertragung live aus New York von Virgil Thomsons Oper „The Mother of us all“ zu sehen. In New York ist es erst 19.00 Uhr und ein Teil unserer Familie sitzt dort ebenfalls vor dem Rechner und wartet bis es los geht.

Anlässlich der Feierlichkeiten zum 100. Jahrestag des 19. Zusatzartikels der US-Verfassung, welcher 1920 den amerikanischen Frauen das Wahlrecht brachte, studierte die Juilliard School und das Metropolitan Musem of Art mit den New Yorker Philharmoniker Virgil Thomson’s Oper „The Mother of Us All“ als site-specific-production ein. Aufführungsort ist der Charles Engelhard Court im American Wing des Museums. Überall stehen Skulpturen und Plastiken herum und mischen sich unter die zahlreichen Darsteller. Die Feministin, Schriftstellerin und Kunstsammlerin Gertrude Stein hat das Libretto geschrieben. Auch sie war eine Art Mutter und scharte ab 1910 bis in die 1930er Jahre in ihrem Pariser Salon Dichter, Künstler und Musiker um sich. Sie und Thomson haben in dem Stück eine Erzählerrolle. Über 25 historische und erfundene Personen aus unterschiedlichen Epochen treffen aufeinander. Man braucht ein wenig, um sich in diesem geordneten Chaos von Personen zu recht zu finden.  

Es beginnt mit Stille. Eine Frau betritt feierlich-zögernd die Bühne. Sie hat einen Zettel in der Hand auf dem „vote“ steht. Während einige Personen im Rhythmus mit den Fäusten auf den Bühnenrand schlagen, kommt sie bei der Wahlurne an, darf aber den Zettel nicht einwerfen. Jetzt setzt die Musik ein und Bilder der US-amerikanischen Geschichte werden auf die Mauern im Innenhof des Museums projiziert.  Susan B. Anthony ist die Hauptperson in der Oper. Sie wurde 100 Jahre vor dem Frauenwahlrecht in den USA geboren und  hatte im 19. Jahrhundert als Souffragette eine bedeutende Rolle in der Frauenwahlrechtsbewegung inne.  Als Quäkerin war sie obendrein gegen Alkohol, letzteres hatte sie mit Gertrude Stein allerdings nicht gemein. Ihre lebenslange Freundin mit Mitstreiterin Elizabeth Cady Stanton heißt in der Oper Anne und sieht aus wie die Wegbegleiterin von Gertrude Stein, Alice B. Toklas.

Während Susan B. eine ihrer vielen Reden schwingt, gegen die Heirat hetzt, sich mit General Grant oder Daniel Webster unterhält, bereitet Jo the Loiterer seine Hochzeit mit Indiana Elliott vor. Er ist nicht glücklich, da sie seinen Namen nicht annehmen will.  Die Schauspielerin Lilian Russell erscheint und  John (Quincy) Adams hofiert Constance Fletcher mit einer lyrischen Arie.  „Dear Miss Constance Fletcher, it is a great pleasure that I kneel at your feet”, but I am an Adams, I kneel at the feet of none, not anyone.”  Die anderen wiederholen seine Aussagen. Überhaupt wird hier permanent alles wiederholt, wie sich das so gehört bei Gertrude Steins experimentellen Texten oder Gedichten, mit denen sie sich über sämtliche Konventionen permanent hinweg gesetzt hatte. Dann hält Susan B. eine bedeutende Rede und stirbt. Das merkt man aber nur, weil alle plötzlich in der Vergangenheit von ihr reden. Mit der Enthüllung eines Denkmales zu ihren Ehren, bei der sie als Geist teilnimmt, endet die Oper.  

Thomsons neoromantische, sehr amerikanische, Musik bringt so gut wie alle Stile hervor. Es gibt viel militärischen Trommelwirbel, Walzer, Märsche, lyrische Arien, Kirchenorgel, leichte Lieder und Jazzeinlagen. Er hat sich mit seinen Tönen wunderbar und rhythmisch perfekt auf die schräge Poesie von Gertrude Stein eingestellt.

Die Inszenierung ist von Daniela Candillari; Louisa Proske am Pult. Felicia Moore singt Susan B. Anthony. Sie sieht aus wie eine Mischung aus der echten Susan B. Anthony und Gertrude Stein in dem Portrait, das Picasso 1906 von ihr gemalt hat. Erstklassig textverständlich gesungen nicht nur Felicia Moore.

Die  Premiere fand am 8. Februar 2020 statt. Zu diesem Zeitpunkt hat man sich in New York noch nicht der Kopf über die Corona-Pandemie zerbrochen. Publikum sitzt um die Bühne herum und man hört Applaus. Heute geht auch in New York niemand mehr auf die Straße, denn diese großartige Stadt ist in den USA am meisten vom Virus betroffen.

Virgil Thomson hat drei Opern komponiert. Für zwei davon hat seine Freundin Gertrude Stein das Libretto geschrieben. „The mother of us All“ wurde 1947 uraufgeführt. Gertrude Stein war zu dem Zeitpunkt schon ein Jahr tot. Leonard Bernstein soll bei Thomsons Tod gesagt haben „we all loved his music, but we never played it“.

Die lange Nacht hat sich auf jeden Fall gelohnt.

New York 1994
New York Street Art

 Christa Blenk

 

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