Achterland
Fünf Frauen, drei Männer und zwei Musiker befinden sich auf der Bühne. Es herrscht eine grenzwertige Gleichgewichtsstimmung. Die Männer tanzen zur Geige, die Frauen zum Klavier. Im Verlauf der 90 Minuten nähern sie sich immer mehr einander an, berühren sich aber praktisch nie. Sie versuchen, in den Raum des anderen einzudringen, tun es aber doch nicht. Ein verhaltenes Hin- und Her voller geladener Energie und samtiger Leichtigkeit. Ein Spiel zwischen Zeit, Nähe, Distanz, Geometrie, Sensualität und Imitation – immer im Einklang mit der sehr präsenten Musik des Ungarn GYÖRGY LIGETI (1923-2006) und des belgischen Komponisten EUGÈNE YSAŸE (1858-1931), die die Tänzer immer wieder an ihre Grenzen bringt. Die Tänzerinnen müssen teilweise im Business-Dress mit high heels tanzen und die Männer sollen es nachmachen, was manchmal auch zu komischen Szenen führt. Ligetis 8 Pianoetuden entstanden in den 1980er Jahren; die drei Geigensonaten op 27 von Ysaye im Jahre 1923 .
Diese Produktion hat Anne Teresa De Keersmaker mit ihrer Kompanie Rosas schon 1990 für die Brüsseler Oper La Monnaie auf die Beine gestellt und zum ersten Mal Männer mit aufgenommen. Das Werk gehört immer noch zu ihren Markenzeichen und hat die letzten 30 Jahre sehr gut überstanden. Anne Teresa De Keersmaeker baut hier auf dem Stück « Stella » auf, das ein wenig früher für 5 Tänzerinnen und Geige entstand.
De Keersmaeker hat einmal gesagt, sie sei eine Frau mit weiblichen Muskeln und könne nur für Frauen Choreografie entwickeln. Deshalb mussten die Männer sich auch in ihre Rolle hineintanzen, sie sich hart erarbeiten und dabei die Frauen kopieren. So entstanden teilweise Parallel-Performances. Das Hinterland ist der Tanzboden.
Großartige Aufführung im Kaai-Theater im Rahmen des Troika-Festivals.
Am Piano WILHEM LATCHOUMIA; JUAN MARÍA BRACERAS spielt die Geige.
Christa Blenk
01.02.2020