Blog highlights 2019
Das Jahr 2019 hat – außer vielen Kunst- und Kulturhighlights – auch einen Umzug von Berlin nach Brüssel mit sich gebracht. Die Musikszene von Berlin wird sich in der europäischen Hauptstadt zwar nicht wiederholen, aber was Kunst anbelangt, kann die belgische Hauptstadt oder die Stadt der Surrealisten mehr als mithalten.
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Aber zurück zum kalten Januar in Berlin. Gleich zu Beginn des Jahres brachte die Deutsche Oper Berlin die wunderbare Inszenierung von 2009 von Katharina Thalbach von Rossinis « Der Barbier von Sevilla ». Witzig, spritzig, südländisch und sehr amüsant, hat diese Produktion in 10 Jahren nichts an Frische verloren.
Im Februar spielte die DOB eine weitere bewährte Alt-Produktion, nämlich den Tannhäuser von Kirsten Harms. Bei der 46. Aufführung seit der Premiere 2008 mutierte Allison Oakes von einer Botticelli-Venus zur keusch-heilige Elisabeth mit Bravour und unglaublicher Leichtigkeit und Überzeugungskraft. Die Staatsoper Berlin trumpfte mit einem zeitgenössischen Opern-Highlight auf. Bei Violetter Schnee spielte – wie kann es anders sein – Schnee die Hauptrolle. Mit Lederhosen, Reifröcken, Rettungswesten, Federboas und eine Weltkugel gingen die Protagonisten in der Komischen Oper Berlin zu Bernsteins Candide auf die Suche nach der « Besten aller möglichen Welten“ . Die junge Künstlerin Nadine Ajsin malt die Welt mit bunten Lebensmittelfarben und stellte ihre Arbeiten in einer Berliner Galerie aus.
Sich im Wald verlaufen zu haben scheinen die Sänger in Claus Guths Don Giovanni. In dieser Produktion für die Salzburger Festspiele 2008 sieht man den Wald vor lauter Bäumen nicht mehr …. Vom Wald an die Küste ging es mit dem Franz Trio zu Gast bei den Zehlendorfer Hauskonzerten. Jean Cras beschreibt mit seiner Musik Seemannsgarn und Landabenteuer. Diese Wohnzimmerkonzerte brachten im Verlauf des ersten Halbjahres noch viele weitere Schmankerl zustande wie im März einen Klavierabend mit Ekaterine Khvedelidze oder im Mai der Auftritt des Noga Quartetts. Einen großartigen Konzertabend bescherte der Kanadier Yannik Nézet-Séguin dem Publikum in der Philharmonie mit einem russisch-französischen Programm. Die DOB brachte Eugen Onegin auf die Bühne, eine Produktion von Götz Friedrich, die schon 23 Jahre alt ist.
Im Rahmen des Stravinsky Festivals fand in der Staatsoper eine interessante Aufführung von « L’Histoire du soldat » statt. Musikalisch überhaupt sehr intensiv dieser März. Jörg Widmanns Babylon spielte in der Staatsoper und Zemlinskys Zwerg in der DOB. Einen großartigen Auftritt legte Ian Bostridge im Pierre Boulez-Saal hin und kurz darauf wirbelte Simone Kermes durch den Barock und die Philharmonie.
Im Pariser Petit Palais wurde ausführlich der belgische Surrealist Fernand Khnopff vorgestellt, während die Berliner Gemäldegalerie die beiden Renaissance-Maler Mantegna und Bellini miteinander verglich. Die Ausstellung war vor Berlin in London zu sehen.
Im April ging es nach Stuttgart zu Henzes Prinz von Homburg und kurz vorher nach Madrid in den Prado. Dort wurden Giacometti-Skulpturen mit Velazquez-Bildern zusammengebracht – mit Erfolg. Richtig große Ausstellungen wie sie Paris oder London aufstellt, werden in Berlin eher vermisst! Hier greift man immer gerne wieder auf schon Bekanntes zurück. Im Hamburger Bahnhof wurde E kritisch unter die Lupe genommen und im Brücke-Museum die Brücke-Künstler.
A Sea Symphonie und Oceane von Detlev Glanert standen im Mai auf den Spielplänen der Berliner Bühnen. Dazwischen turnte – in einer großartigen Death Comedy Show im BKA Theater in Berlin – ein zeitloser Sensenmann mit seiner Praktikantin über die Bühne, während die Komische Oper in Berlin M – eine Stadt sucht einen Mörder aufführte.
Ende Mai haben wir in Wilmersdorf eine ausgezeichnete Aufführung von Purcells Dido und Aeneas gehört.
Im Juni war die Interpretation von Sascha Waltz’ Sacre zu sehen. Diese Produktion feierte 2013 in Paris den 100. Geburtstag von Strawinskys „Sacre du printemps“. Allerdings bleibt Waltz doch sehr weit hinter Pina Bauschs Choreografie zurück. (Hier eine Besprechung aus dem Teatro San Carlo vor ein paar Jahren).
Die Wiederaufnahme einer wunderbaren Produktion des „Rosenkavaliers“ hat im Juli die Saison der Komischen Oper abgeschlossen. Andreas Homoki hat dieses Meisterwerk der Operngeschichte 2006 entwickelt. 2013 wurde es erneut auf den Spielplan genommen und dieses Frühjahr nochmals viermal aufgeführt. Bei der 42. Aufführung seit der Premiere am 8. Juni war das Haus fast voll.
Im Bröhan Museum gab es die Ausstellung Skandal! Mythos! Moderne!.
Im August fand der Umzug statt, dann ging es in den Urlaub an den Atlantik (in die Vendee). Dort gibt es außer köstlichem Salz auch das Festival in Thiré im Garten von William Christie. Abends wurde in der Kirche von Thiré die arkadische Schäferkantate « Aminta e Fillide » aufgeführt. Hier geht es um eine Nymphe, die auf einen jungen Bauern trifft, der sich in sie verliebt. Die abwechslungsreiche Kantate beschreibt die Schwierigkeiten der Beiden, zueinander zu finden.
… und dann kam Brüssel!
Der erste kulturelle Ausflug in Belgien führte uns nach Antwerpen in das sagenhafte Middelheim Museum Antwerpen. Stundenlang kann man hier durch einen Traumgarten spazieren und nebenbei Skulpturen aus über 100 Jahren besuchen. Dieser Ort ist wirklich eine Reise wert!
Der Oktober begann dann auch gleich mit zwei Welturaufführungen von zweitgenössichen Opern in der Brüsseler Monnaie. Zwei junge französische Komponisten komponierten La silence des ombres und Macbeth Underworld. Bis jetzt kann sich das Brüsseler Opernleben auf jeden Fall sehen lassen. Aber auch Brügge zeigte sich gleich im Oktober von einer sehr interessanten Seite. Dort triumphierte Peter Eötvös mit der Oper Herzog Blaubart. Auf ungarisch gesungen mit flämischen Untertiteln! Was die Kunst anbelangt, konnten im Bozar-Museum Werke von Brancusi besichtigt werden und das Magritte Museum zeigt immer noch eine großartige Ausstellung, bei der Dali und Magritte miteinander verglichen werden.
Im November haben wir in Paris eine sehr umfangreiche Ausstellung von Francis Bacon im Centre Pompidou gesehen und in Brüssel im Train World Museum eine wirklich sehenswerte Ausstellung des Surrealisten Paul Delvaux. Die Monnaie setzte ihr interessantes Programm mit der Aufführung von Jeanne d’Arc au bûcher fort. Das Abonnement im Balsamine Theater hat sich auch schon gelohnt, zum Beispiel mit der Aufführung von George Kaplan (und hier geht es nicht um Hitchkock). Im November kam das Hamburger Ensemble Axensprung nach Brüssel mit ihrer neuen Produktion GIER – Weimar, die erhitzte Republik.
Der Dezember bringt Orangen und Mandarinen und eine Konzertreihe zu Ehren des polnischen Komponisten Mieczyslaw Weinberg. Der Gewinner des Förderpreises NRW, das Ensemble Repercussion, kam Mitte Dezember zum ersten Mal nach Brüssel und begeisterte mit ihrer sehr gekonnten Percussions-Performance das Publikum. Kurz vor Weihnachten haben wir die große Keith Haring Ausstellung im Bozar gesehen. Sie geht noch bis Mitte April 2020.
Außerdem habe ich – als work in progress – eine Seite mit « Stolpersteine in Belgien » angelegt. Die Brüsseler Gemeinden werden ebenfalls ins neue Jahr mitwandern, bis alle behandelt sind.
Sehr gut gefallen hat mir der neue Opernfestspiele- und Festivalführer Merian . Eine weibliche Robinson Crusoe ist die Ich-Erzählerin in dem Buch « Die Wand » von Marlen Haushofer.
Mit einer Bilder-Reise in den Languedoc! wünsche ich Allen Leserinnen und Lesern
Alles Gute für 2020 !
Christa Blenk
Und wer möchte, kann hier die blog Highlights aus früheren Jahren nachlesen oder darin stöbern.