Sacre – Sascha Waltz
2013 feierte Paris den 100. Geburtstag von Strawinskys „Sacre du printemps“. Ein Auftragswerk aus Paris ursprünglich mit dem St. Petersburger Mariinsky Ballett für Sasha Waltz. Später hat sie es mit ihrem eigenen Ensemble Sasha Waltz & Guests einstudiert.
Geladen, erschreckend, kriegerisch, primitiv kommt diese Fassung daher. Waltz lehnt sich bei ihrer neuen Sacre-Version an die unschlagbare Pina Bausch an, kleidet die Tänzer und Tänzerinnen in erdfarbene Kleider. Dunkler, aschiger Staub fliegt durch die Gegend. Bei Pina Bausch mussten sich die Tänzer durch Erdhaufen auf der Bühne kämpfen, was den Eindruck des Primordialen verstärkte. Auch bei den Gewändern hat Waltz sich an Bauschs Garderobe gehalten. Es gibt eben Ideen und Projekte, die nicht zu übertreffen sind und es ist intelligent, dies gar nicht zu versuchen. Das Aufeinanderkleben und die abwechselnde Paarbildung der Körper, das Stampfen der Turner gab es auch schon bei der bahnbrechenden Béjart-Aufführung von 1959. Erotik und Trieb spielen bei Waltz eine größere Rolle als in vergleichbaren Vorversionen. Gruppenorgien und reglose Körper machen diese Sacre-Version viel brutaler. Immer wieder Unterbrechungen in Bewegungen und Handlungen, die Strawinskys genialen Rhythmus verstärken und hervorheben. Großartige Leistung der Tänzer – und die Staatskapelle unter Leitung von Alexander Soddy war wieder mal genial!
Bei der Premiere 1913 im Pariser Théâtre des Champs Elysées geriet das Publikum in aggressive Aufregung, aber nicht, weil es so begeistert war, sondern weil es das Stück komplett ablehnte. Das Balllet Russes mit dem Starzeigechoreografen Vaclav Nijinsky viel mit Pauken und Trompeten durch. Harry Graf Kessler, der mit dabei war, beschrieb die Entrüstung als heidnischen, stampfenden Höllenlärm, der alles bisher gekannte bedeckte, das Akademische komplett vermissen ließ. Sacre wurde somit zu einem der größten Skandale in der Tanzgeschichte. Aber geschadet hat es diesem Schlüsselwerk des modernen Tanztheaters nicht – denn das ist gar nicht möglich.
Vor der Pause gab es einen braven pas de deux „Scène d’amour“ nach einer Musik von Berlioz Musik aus Romeo et Juliette und eine eher laue Fassung des L’après-mini d’un Faune zu Musik von Claude Debussy. Die Tänzer bewegten sich alle wie Tiere, langsam, schleichend, bukolisch.
cmb
und hier zu einer Aufführung von Pina Bausch in Neapel