Martha Argerich und Daniel Barenboim in der Philharmonie
Das V Abonnementkonzert am 25. Februar 2019 wurde von Martha Argerich und Daniel Barenboim bestritten und sorgte – wie soll es auch anders sein – für ein volles Haus. Das Programm war so zusammengesetzt, dass immer ca. 100 Jahre zwischen den jeweiligen Werken lagen, die – wie Zeitzeugen das tun – die jeweilige Welt erklären und beschreiben.
Die Sinfonie in h-Moll Nr. 8 – „ Unvollendete“ von Franz Schubert (1797-1828) leitete das Konzert ein. Sie entstand 1822. Es werden generell nur zwei Sätze gespielt, da von den anderen nur minimale Ansätze oder Fragmente erhalten sind.
Sergej Prokofjew (1891-1953) komponierte das Klavierkonzert Nr. 3 zwischen 1917-1921. In diesem Jahr fand auch die Uraufführung in Chicago statt. Es gilt als Prokofjews übersichtlichstes Klavierwerk, ist voller musikalischer Inspirationen, weich und brillant und sehr beliebt. In Chicago kam es nicht gleich zum großen Durchbruch, dieser kam dafür ein Jahr später in Paris mit dem Maestro selber am Klavier.
Martha Argerich und Daniel Barenboim sind fast gleichaltrig, ihre Mütter waren befreundet und sie kennen sich schon über 50 Jahre – aus der Argentinien-Zeit. Gemeinsam haben sie als Kinder Celibidache vorgespielt. Und gemeinsam spielen tun sie immer noch gerne, wie auch gestern Abend, als sich zusammen für die Zugabe ans Klavier setzten und etwas aus der Bizet Suite „Kinderspiele“ vortrugen. In der Philharmonie ist dieses Musiker-Paar schon öfters gemeinsam aufgetreten.
Nach der Pause ging es weiter mit Jörg Widmanns (*1973) – Babylon Suite für großes Orchester.
Jörg Wittmann ist vor allem als Klarinettist bekannt und hat schon mit vielen großen Dirigenten auf der Bühne gestanden. Darunter Kent Nagano, Christoph Eschenbach, Simon Rattle oder Daniel Barenboim. Komposition studierte er u.a. bei Hans-Werner Henze und Wolfgang Rihm.
Die Babylon-Suite entstand nach seiner 2012 entstandenen Oper « Babylon » (diese wird im März in der Staatsoper aufgeführt) nach einem Libretto von Peter Sloterdijk. Die Bayerische Staatsoper brachte sie 2014 zu Uraufführung. In sieben Bildern wird die sagenumwobene Stadt Babylon beschrieben und ein großartiges Sprachen- bzw. Notenwirrwarr ist dieses Werk allemal. Hier tummeln sich die bekannten Musikstile oder Rhythmen und Widmann scheut nicht zurück, sich von allem zu bedienen. Es ist ein cross-over von Welten, Kulturen und Religionen neben- über- und untereinander: Zeitgeist pur! Die Zahl 7 spielt dabei auch eine Rolle.
Das Grafenegg Festival hat die Suite 2014 in Auftrag gegeben. Die Zutaten aus der Oper finden sich hier wieder (Bilder 1,3,5,6 und 7). Widmann hat allerdings die Übergänge und Zusammenschnitte neu gestaltet. Im Großen geht es um die babylonische Priesterin Inanna und Tammus Liebe zu ihr. Inanna ist frivol, leichtlebig und sie lockt durch Vibraphon oder Glockenspiel, Tammu zaudert, sie macht sich lustig über ihn, belächelt ihn. Dann kommt das melodische Liebeslied das – von den Trommeln eingeleitet – in einen deftigen Bayerisch-babylonischen Marsch übergeht und Oktoberfest-Gefühle hervorruft. Eine gewollte Motivwiederholung mündet in ausgelassene Karnevalsmusik, die zu Jazzrhythmen übergeht und dann exotisch-orientalisch wird, bis ein Walzer Inanna in die Unterwelt wirbelt. Die Geschichte endet aber dann doch positiv und ein neuer Vertrag soll das Zusammenleben von Menschen und Göttern gerechter und unparteiisch regeln.
Man kommt gar nicht mit, so schnell ändern sich Stimmungen, Musik und Rhythmen. Es macht großen Spaß dies zu hören und jetzt freut man sich noch mehr auf die Oper in drei Wochen.
cmb