Highlights 2018
Liebe Leserinnen und Leser,
Wie schon in den vergangenen Jahren kommt hier ein Rückblick auf die kulturellen Highlights 2018 in Berlin und anderswo.
Begleitet und illustriert werden die Berichte dieses Mal von Fotos der französischen Atlantikküste.

Mehr als 300.000 Menschen von Berlin bis Neuseeland haben Barrie Koskys amüsant-absurde und gewöhnungsbedürftige Produktion für die Komische Oper von Mozarts Zauberflöte in der Inszenierung der britischen Theatergruppe 1927 gesehen und diese Mischung aus Zeichentrick- und Action-Stummfilm meist gemocht, obwohl sie Mozarts große Oper auch ein wenig verrät! 2017 war von dieser Gruppe Petruschka hier in Berlin auf der Bühne zu erleben.
Entdeckt hatten wir die Zehlerdorfer Hauskonzerte schon 2017. Aber auch im vergangenen Jahr brachte die Hausherrin von der Glasharfe bis zu Schubert ganz unterschiedliche Künstler zu sich in das musikalische Wohnzimmer und überraschte das Publikum mit ihrem Programm immer wieder.
Bildhauerinnen der Moderne war der Titel einer Ausstellung im Kolbe Museum, welches immer wieder die spannendsten Kombinationen in den schönen Ausstellungsräumen am Berliner Stadtrand zusammenstellt. Die Ausstellung Zarte Männer in der Skulptur der Moderne läuft noch bis Februar 2019. Die Ausstellungsszene in Berlin ist ja sonst eher mager und das Angebot an Ausstellungen ist sehr verbesserungsfähig. Das Bröhan Museum brachte im ersten Halbjahr eine Sammelausstellung « Berliner Realismus » und nach dem Sommer eine Schau über Georg Grosz - beides durchaus erwähnenswert. Der Hamburger Bahnhof versuchte mit einer kleinen Ausstellung über Otto Müller das Fehlen (Umbau immer noch nicht fertig) der Neuen Nationalgalerie aufzufangen. Diese Ausstellung läuft noch bis März 2019. Erwähnenswert auf jeden Fall die Ausstellung Leben ist Glühn mit Bildern des deutschen Expressionisten Fritz Ascher (1893-1970), die in der Berliner Villa Oppenheim und im Museum Potsdam zu sehen waren.
Ansonsten ist hier das Portrait über die Künstlerin Schirin Fatemi für KULTURA EXTRA zu lesen und ein langer Bericht über eine großartige Ausstellung im Grand Palais in Paris über Kupka.
„Banned Art“ sollte die Ausstellung, die 1938 in London als Antwort auf die Ausstellung „Entartete Kunst“ in München organisiert wurde, ursprünglich heißen. Um ihr aber das Politische zu nehmen, nannte man sie schließlich nur « Twentieth Century German Art« . Angeblich sollen über 300 Exponate für diese Schau nach London geschickt worden sein. Gezeigt werden konnten – aus Platzgründen – schließlich nur 270 Werke. Eine so große und bedeutende Ausstellung deutscher moderner Kunst hatte es bis dahin in England noch nicht gegeben. Die Villa Liebermann am Wannsee hat mit sehr viel weniger Werken aber guten Texten, die Ausstellung nochmals aufleben lassen.
Mit Das Wunder der Heliane und Die tote Stadt gab es von dem in Österreich geborenen Komponisten Erich Wolfgang Korngold gleich zwei sehenswerte Produktionen in Berlin. Korngold ist aber heutzutage vor allem wegen seiner vielen Preise für Filmmusik in Hollywood bekannt.
Aus der Begegnung im Jahre 2009 von Robert Wilson und Arvo Pärt im päpstlichen Wartesaal in Rom ist Adams Passion entstanden. Nacho Duato war 2018 schon auf dem Sprung das Staatsballett vorzeitig zu verlassen. In der Komischen Oper wurde nochmals eine seiner besten Produktionen « Herrumbre » aufgeführt.
Abgelöst wurde er im Sommer 2018 von Johannes Öhmann. Sasha Waltz wird in diesem Jahr die Ko-Direktion übernehmen. Öhmann Einstieg hätte besser nicht sein können mit der Doppelproduktion Celis – Eyal. Rauschender Applaus und viel Vorfreude auf Zukünftiges – vor allem von Eyal!
Die Premiere von Benjamin Britten « The turn of the screw fand schon vor fünf Jahren in der Staatsoper statt und kann seitdem immer wieder das Haus füllen. Britten komponierte die Oper 1954 nach einer Erzählung von Henry James. Hans Werner Henze fühlte sich ein wenig als kleiner Bruder von Britten. Ein großartiges Erlebnis im Herbst war die Aufführung von Hans Werner Henzes Werk « El Cimarron » in Gelsenkirchen in einer Produktion von Michael Kerstan, das im Rahmen der Konzertreihe „Musik erzählt von Freiheit“ im Kulturraum Die Flora in Gelsenkirchen aufgeführt wurde. Diese Reise von Berlin ins Ruhrgebiet hat sich allemal gelohnt.
Im März verzauberte das Freiburger Barockorchester mit Pergolesis Intermezzo „la serva padrona“ das Berliner Publikum. Passend dazu gab es in der Fenice in Venedig « I tre Gobbi » - Commedia dell’arte pur. Auch Rossini liebte es, sich bei der Commedia dell’arte zu bedienen und das hat Katharina Thalbach mit dem Barbier von Sevilla sehr ernst genommen. Der Theaterregisseur Jan Bosse legte mit Rossinis « Il viaggio a Reims » in der Deutschen Oper eine Punktlandung, bei der fast alles stimmte, hin. Eine geniale Interpretation des Wartens!

Aber um Warten ging es auch bei Salvatore Sciarrinos neuer Oper « Ti vedo ti sento mi perdo » . Harrte man aber in Reims geduldig aus, um endlich von einem Ort wegzukommen, so lässt Sciarrino die Künstler während der Generalprobe einer Stradella-Oper im Palazzo Colonna auf den Maestro selber warten.
Auf eine eine Heimweh-Reise schickte uns der argentinische Komponist und Bandeonist Daniel Pacitti mit einem gelungenen Konzert in der Philharmonie « Viaggio in Argentina ». Im Vorjahr brachte er das Luther Oratorium « Wir sind Bettler » als Auftragsarbeit auf die Bühne.
Die Neuköllner Oper enttäuscht eigentlich nie. Mit « Welcome to Hell » hat sie den umstrittenen G 20 Gipfel von Hamburg aufgearbeitet und mit Wolfskinder das Humperdinck Märchen Hänsel und Gretel neu erzählt. Das Original dieser Kinder-Erwachsenen Oper wurde im pünktlich zur Weihnachtszeit und alle Jahre wieder in der Staatsoper aufgeführt. Eine weitere beeindruckende Produktion war Kreneks Oper Der Diktator.
Olafur Eliasson ließ erboste Götter und nachtragende Frauen über einen Star Wars Himmel donnern und zauberte so ein modernes Versailles für Rameaus Hippolythe et Aricie. Ein französisches Opern Pasticcio präsentierte mit « Les beaux jours de l’amour » (die schönen Tage der Liebe) der französische Dirigent Raphael Pichon mit einem Programm aus Opern von Rameau und Gluck .
Den 200. Geburtstag von Jacques Offenbach (1819 – 1880) feierte die Komische Oper mit einer neuen Produktion der Oper „Blaubart“ . Stefan Herheim führte Regie und versuchte, die Kult-Inszenierung von Felsensteins wieder aufleben zu lassen, die zwischen 1963 und 1992 knapp 400 Mal zur Aufführung kam.

Marie Bäumer spielt Romy Schneider bei einem Kurzaufenthalt in der Bretagne. Drei Tage in Quiberon heisst das Opus. Auch der Film Transit spielt in Frankreich, aber während des Krieges, und diese Zeit ist auch Protagonist bei dem sehr gelungenen Film Der Trafikant. Ballon basiert auf einer wahren Begebenheit und kam Ende September 2018 in die deutschen Kinos. Sechs Jahre hat der Regisseur und Produzent Michael Herbig daran gearbeitet und mit einzelnen Familienmitgliedern oder Hauptprotagonisten gesprochen. Der Film beschreibt die Flucht 1979 in einem selbst gebauten Heißluftballon von der DDR in den Westen: an Bord die Familien Strelzyk und Wetzel.
Die Beelitzer Heilstätten animieren dazu, erneut den Zauberberg zu lesen. Ein Besuch über die Glienicker Brücke zur Villa Schöningen hingegen bringt den Spion der aus der Kälte kam wieder auf den Nachttisch. Wer Thomas Mann und John le Carre aber nicht mehr lesen mag, kann sich mit der Hauptstadt von Robert Menasse vergnügen, hier wird die Europa-Hauptstadt Brüssel aufs Korn genommen.
In der Villa Schönigen waren 2018 übrigens auch die Kostüme für den Bayreuther Lohengrin zu sehen, die das Künstlerpaar Rosa Loy & Neo Rauch entworfen hatte.
Leo Janácek hat sich mit seinem Spätwerk „Die Sache Makropulos“ mit dem Thema « Alt werden oder Jung bleiben müssen » befasst, beeindruckt und inspiriert von einem damals ganz neuen Theaterstück von Karel Capek
Michael Thalheimer hat Brechts „Kaukasischen Kreidekreis“ am Berliner Ensemble, mit großartigen Darstellern inszeniert und minimalisiert. So ganz ohne Bühnenbild und viel Elektro-Guitarre. Beeindruckend auch Karin Henkels geschlechterlose Interpretation der Drei Schwestern.
Zum Dezember gehört auch das Weihnachtsoratorium und besinnliche Kirchenkonzerte wie sie sie zum Beispiel die Gemeinde der Sophienkirche organisiert.
Dies ist nur eine Auswahl unter vielen anderen Artikeln und Beobachtungen! Und jetzt kann das neue Jahr mit vielen neuen Ausstellungen und Musikveranstaltungen beginnen.
Alles Gute!
cmb
Fotos (c) Christa Blenk
hier die links zu den blog-Highlights der vergangenen Jahre