Louise Bourgeois – The Empty House

Nicht weit weg von der Museumsinsel – auf der anderen Seite von « unter den Linden » – steht der Schinkel Pavillon. Dort zeigen seit einigen Jahren regelmäßig hochkarätige Künstler ihre Installationen. Damit wird die sonst eher von der Kunst der Vergangenheit geprägte Ecke um die zeitgenössische Kunst erweitert. Seit dem 21. April 2018 sind dort Zeichnungen und Installationen von Louise Bourgeois (1911-2010) zu sehen.
„Zellen“ (cells) sind Fragmente einer Werkserie, an der Bourgeois seit Ende der 1980er Jahre arbeitet. Der Ostberliner Architekt Richard Paulick hat 1969 den oktogonalen Pavillon aus Glas gebaut, in dem jetzt Bourgeois‘ 2005 entstandene Installation „Peaux de lapins, chiffons ferrailles à vendre“ gezeigt wird. „Sack forms“ hängen zum Teil an Ketten von der Decke des transparenten Stahlkäfigs nach unten. Leere, leblose, helle Hüllen sprechen von Fruchtbarkeit, Vergänglichkeit, Schmerz! Auf den ersten Blick denkt man an einen sterilen Schlachthof. Nur ein kleiner Turm aus weißen Steinen im inneren des Käfigs wächst vom Boden in die Höhe, aber auch er kommt nicht heraus, aus diesem durchsichtigen, voyeuristischen Gefängnis. Die halbgeöffnete Tür ist mit einer Eisenstange versperrt, so kann man den Käfig trotzdem weder betreten noch verlassen. Die Kunstgeschichte sagt uns, dass Bourgeois‘ unfröhliche, schwere und depressive Kunst mit ihrer Kindheit, vor allem mit dem schlechten Verhältnis zu ihrem tyrannischen Vater zu tun hat.
Für diese Ausstellung wurden dieses Mal auch die „unfertigen“ Kellerräume aktiviert. Dort wird der Schlachthofeindruck zum negativen déjà vu. Flackernde Funzeln, abgefallene, zum Teil schmutzige Fließen, niedrige Raumdecken vermittelt eher den Eindruck großer Vergessenheit. Die blutroten Papierarbeiten zieren schwangere Bäuche, saugende Babys oder schwere Brüste. Ansonsten bestehen die rosa Installationen oder Figuren aus groben und feinen Stoffen, aus blauen Fäden und weißen Steinen. Man denkt an die Venus von Willendorf, an Voodoo. Runde, unschöne Körperteile, die Leid transportieren müssen und Hoffnung suggerieren möchten. Mitten drin in diesem Kellergeschoss thront eine ihrer Spinnen in einer Vitrine. Für Bourgeois wat die Spinne ein Sinnbild mütterlicher Geborgenheit. Wird dieser Raum gerade hergerichtet oder ist er vom Abriss bedroht? Die Installationen und Zeichnungen im Kellerbereich beziehen das Umfeld direkt in ihre Kunst mit ein; sie wirkt so noch deprimierender. Ihr Vater war ein Textilhändler, unter dem ihre Mutter sehr gelitten hat. Hier rächt sie sich an Beiden!
Die französische-amerikanische Bilderhauerin und Künstlerin Louise Bourgeois zählt zu den Pionieren der Installationskunst. Die hat die „feministische“ Kunst erfunden, obwohl sie selber das so nie gesagt hat. Im kleinen Faltkatalog sind werksbegleitende Zitate aus ihren Tagebüchern abgeduckt. Louise Bourgeois wurde erst sehr spät von der Kunstwelt entdeckt. Angefangen hat die in Paris geborene US-Französin ihr Künstlerdasein nach dem sie sich mit Ehemann und Kindern Ende der 1930er Jahre in New York niedergelassen hatte.
Bis zum 29. Juli 2018 ist diese Einzelausstellung noch im Schinkel Pavillon zu sehen. Die Leiterin dieses Kunstvereins, Nina Pohl, hat diese Einzelausstellung kuratiert. Die Eastern Foundation hat die Arbeiten zur Verfügung gestellt.
Christa Blenk