3 Tage in Quiberon
Der Film von Emily Atef ist in schwarz-weiß gedreht, einer der vielen Manipulationstricks. Marie Bäumer (ausgezeichnet) spielt Romy Schneider während eines Aufenthalts in der Bretagne/Quiberon. Sie will sich entgiften, fasten, zu sich kommen. Ihre Sandkasten-Freundin Hilde soll sie dabei unterstützen. Was aber dann passiert ist eine Orgie aus Wein, Champagner, Zigaretten und viel Manipulation und Respektverlust. Romys Fotografen-Freund Robert hat den Stern Journalisten Michael Jürgs mitgebracht, um ein Interview für die deutsche Presse aufzuzeichnen. Romy legt ihr gesamtes Innenleben frei und alle profitieren.
Es ist eher ein Vier-Personen-Theaterstück, das sehr gut besetzt ist. Aber zum Schluss will man nur noch weggehen und ist peinlich berührt von dieser schwachen, unsicheren, kindlichen und lebensuntüchtigen Person, die es nicht mal schafft mit ihrem Sohn zu telefonieren, dabei macht sie das alles ja nur, um den 14 jährigen David nicht zu verlieren. Der Journalist erniedrigt sie, alle sehen zu und werden in dem morbiden Strudel von frechen und anmaßenden Fragen mitgerissen. Irgendwann wird es der Freundin Hilde zu viel und sie will gehen, versucht Romy dazu zu bewegen, dieses schreckliche Interview zu beenden, aber sie gefällt sich in der Rolle, posiert permanent für den Fotografen. Die Szene in der Hafenkneipe ist gelungen, aber setzt die Manipulation fort. Der Robert fotografiert die geschlossene Gesellschaft, und immer wieder Romy, die ein Kopftuch trägt, die singt und Akkordeon spielt, mit einem Poeten tanzt, trinkt und mit den Gästen der geschlossenen Gesellschaft um die Wette raucht und Autogramme gibt. „Sind Sie Mme Sissi?“.
Mit der Zeit berührt sogar den jungen und karrieresüchtigen Journalisten Romys pathetisches Verhalten. Aber macht ihn das besser? Er wird das Interview bringen, schickt es ihr aber zur vorherigen Durchsicht. Romy ändert nichts!
Nicht alles ist so wie es damals war – hoffentlich nicht! Atef hat ihre eigene Geschichte oder Interpretation daraus gemacht. Vielleicht noch dramatischer als es war oder vielleicht weniger? Marie Bäumer ist überzeugend in dieser Rolle, wie sie raucht, trinkt, sich kindlich am Boden wälzt vor Lachen oder über die Felsen hüpft, um sich endlich den Fuß zu verstauchen, damit sie sich mal ausruhen kann. Sie spricht sehr gut französisch und sogar ein wenig wienerisch, wenn sie sich mit Hilde unterhält und fällt von einem Extrem ins andere, und das permanent. J’ai faim (ich habe Hunger) sagt sie zum behandelnden Arzt, der davon ausgeht, dass sie schon seit Tagen nüchtern ist, obwohl sie die ganze Nacht Champagner getrunken hat.
Kurz nach der Erscheinung des Interviews kam ihr Sohn bei einem Unfall ums Leben und sie selber ein Jahr später – mit 43 Jahren
cmb
Infos zum Film: « 3 Tage in Quiberon »
Deutschland, Österreich, Frankreich 2018
Drehbuch und Regie: Emily Atef
Darsteller: Marie Bäumer, Birgit Minichmayr, Charly Hübner, Robert Gwisdek, Yann Grouhel, Denis Lavant
Produktion: Rohfilm Factory, Dor Film, Sophie Dulac Productions et al.