Blog Highlights 2017
Liebe Leserinnen und Leser,
Hier sind nochmals die kulturellen Highlights der letzten 12 Monate nachzulesen, Verbindungen werden hergestellt und Brücken gebaut – wie es nur Musik und Kunst fertig bringen. Dieses Jahr wird der Übergang von einem Kulturevent zum anderen über eine venezianische Brücke von statten gehen. Es geht deshalb auch nicht immer chronologisch zu auf dieser Reise durch 2017!
Avanti Avanti. Mit einem spritzigen Silvesterkonzert in der Komischen Oper fing das kulturelle Jahr 2017 an. Max Hopp rollte Volare Volare singend (und tanzend) mit der Vespa (aber nicht mit dieser – diese habe ich auf der Biennale in Venedig entdeckt) auf die Bühne – jedenfalls hatte er das vor … aber lesen Sie selber.
Tanzend ging es auch gleich weiter mit den Tanztagen in Berlin . Surrealistisch und perfekt. Duato Shechter gab es in der Komischen Oper. Großartig war auch eine Aufführung des Nederlands Dans Theaters Anfang Dezember.
Die Kriminellen der Frau A war ein ausgesprochen packendes Erlebnis zwischen Theater, Kunst und Musik. Die Oper Ovartaci crazy, queer & loveable ist ein work in progress und erzählt Abschnitte aus Ovartacis Leben. Wir freuen uns schon auf den nächsten Teil!
Viel klassische und konventionelle Oper gab es natürlich auch. Hervorzuheben Salomé in der Deutschen Oper, eine großartige Aufführung von Purcells King Arthur. Abwechselnd zwischen Staatsoper, Komischer Oper und Deutscher Oper gibt es Berichte über Petruschka, Hoffmanns Erzählungen, Don Giovanni, Der fliegende Holländer, Jacob Lenz, Elektra , La damnation de Faust oder Lohengrin. Sehr zu empfehlen hier Philipp Glass’ Satyagraha in der Komischen Oper und L’Invisible von Aribert Reimann in der DO. Nicht sehr überzeugend und ein wenig langweilig war Tod in Venedig.
Das Georg Kolbe Museum hat gleich drei großartige Ausstellungen in den eher armen Berliner Ausstellungshimmel geschossen. Georg Kolbe im Netzwerk der Moderne , eine umfassende Recherche über Flechtheim und kurz vor Jahresende Emil Cimiotti. Dazu passte perfekt die Ausstellung über Rudolf Belling.
Hannover hat außer einer ziemlich guten Oper auch noch viel Kunst zu bieten. Auf der Skulpturenmeile trifft man auf viele Bildhauer des 20. Jahrhunderts aber natürlich hat sich die Reise schon gelohnt, um dort Hans Werner Henzes « Englische Katze » zu sehen. Später im Jahr wurde dann auch die Oper LOT von Giorgio Battistelli dort aufgeführt. In der Ausstellung Manifesto spielt Cate Blanchet 13 verschiedene Rollen. Diese Ausstellung ging durch alle wichtigen europäischen Museen.
Das Pariser Centre Pompidou ist immer einen Abstecher wert. Die jeweiligen Restrospektiven über Cy Twombly und David Hockney haben das wieder bewiesen. Jean Noel Pettit hat Cy Twombly ins Französische übersetzt.
Und wieder über eine Brücke und es geht ins Theater. Davon hat Berlin auch genug. Jeanne d’Arc in einem weißen Würfel im Gorki Theater, Wut am Deutschen Theater, der gefräßige und feige König Ubu, eine enttäuschende Phädra und Caligula am Berliner Ensemble mit Kettensägen und Wahnsinn. Sehr gut The Situation im Gorki Theater und weniger gelungen Michel Houellebecq Unterwerfung. Highlight war sicher die FAUST Aufführung in der Volksbühne und der damit verbundene Abschied vom Theater-Wüterich Castorf. Kurz vor Jahresende war er dann Gast im Berliner Ensemble mit einer sehr freien Interpretation von Hugos Les Misérables.
das wunderbare Ensemble Concerto Romano kennen wir schon aus Rom. 2017 konnten wir sie gleich zweimal in und um Berlin erleben. Einmal mit der herausragenden Aufführung Ad Arma Fideles beim Äquinox Festival und ein zweites Mal beim Göttinger Musikfestival.
Aber jetzt wieder ein wenig Kunst. In der Biennale von Venedig hat mich am meisten die side show von Michelangelo Pistoletto interessiert. Er installierte seine Arbeiten in der Palladio-Umgebung.
Gut die Schau über Friedrich Kiesler im Gropius Bau oder die Präsentation von Jeanne Mammen in der Berlinischen Galerie. Im Hamburger Bahnhof war Hanne Darboven zu sehen und eine Entdeckung war Jan Toorop. Ansonsten hat sich die Kunst in Berlin eher zurückgehalten.
Jetzt mit einem großen Sprung über diese Brücke zur zeitgenössischen Musik. Hier ist das Festival Hofklang Anfang September hervorzuheben. Unerhörte Musik gibt es meistens am Dienstag im BKA. Korpus oder e-werk waren u.a. zu Gast. Ulrike Brand war auch in einer Performance Walls and Waves in einer Kirche zu erleben.
Überraschend eine Aufführung in der Ahlbecker Kirche auf Usedom von Pergolesis Stabat Mater. Usedom war sonst eher enttäuschend, aber gelohnt hat sich auf jeden Fall ein Besuch im Museum von Otto Niemeyer-Holstein. In dem Artikel zwischen Ostsee und Achterwasser ist es beschrieben.
Und über diese Brücke kommen wir zur Orgel und zu der Orgel-Ikone Matthias Eisenberg. Später im Jahr – zu Luthers Geburtstag – reisten wir ihm nach Leipzig nach und daraus wurde ein musikalisches Leipzig-Wochenende.
Aber auch Robert Wilson beschäftigte sich mit Luther und seinem Jubiläum mit der etwas konfusen Aufführung « Luther dancing with the Gods« im Pierre Boulez Saal. Kammermusik mit und ohne Worte und ein Auftritt des großartigen Klarinettisten Jörg Widmann sind ebenso beschrieben.
Auch der argentinische Komponist und Bandeonist mit italienischen Wurzeln Daniel Pacitti befasste sich mit Luther. Im Juli wurde in der Philharmonie sein Oratorium « Wir sind Bettler » uraufgeführt mit Roman Trekel in der Hauptrolle. Kennen gelernt allerdings haben wir Pacitti bei einer ganz anderen Gelegenheit, nämlich bei einem kreolischen Tangoabend in den Räumen der Freien Volksbühne.
Bei einem wunderbaren Hauskonzert in Zehlendorf hat Pacitti seine dritte Seite präsentiert. Das zeitgenössische Stück mit Einflüssen aus seiner Heimat. La Cruz del Sur wurde von zwei virtuosen jungen Solisten (Klavier und Querflöte) vorgetragen. Ausgeklungen sind die Zehlendorfer Hauskonzerte mit Werken von Franz Schubert.
In der Kunst und Ausstellungshalle in Bonn gab es eine sehr gut zusammen gestellte Ausstellung von Ferdinand Hodler und München befasste sich mit dem 19. Jahrhundert in der Ausstellung GUT WAHR SCHÖN . Diese beiden Artikel sind u.a. auch auf KULTURA EXTRA erschienen.
Der Sommer in der Vendee besteht nicht nur aus Palourdes sammeln oder Strandspaziergängen. In Thiré findet jedes Jahr das Festival « Dans le Jardin de William Christie » statt. Dieses Jahr Monteverdi gewidmet. William Christie war auch im Dezember zu Gast in der Philharmonie mit einer fantastischen Aufführung von Monteverdis « Selva spirituale e morale ». Aber auch die Staatsoper feierte den großen Monteverdi mit einer sehr schönen Aufführung von L’incoronazione di Poppea.
Auch die Neuköllner Oper widmete Monteverdi einen Abend – bei Combattimento x 2 geht es in den Wrestler Ring!
In einen anderen Garten – nämlich in den von Guillermo Lledó - führte die diesjährige Madrid-Reise. « Plaza para un hombre solo » ist eine Skulptur und die Eröffnung dieser wurde ganz groß in seinem Garten in einem Madrider Vorort gefeiert mit Künstlern und Madrider Kunstwelt. Madrid ist eine Kunst-Stadt, ein wenig davon ist hier auch beschrieben: Mateo Mate, Rosa Barba, Franz Erhard Walter. Das Museo Reina Sofia hatte eine umfangreiche Ausstellung zu Picasso und Guernica organisiert. Piedad y terror en Picasso.
der argentinische Künstler Nestor Boscoscuro lebt in Berlin und in Buenos Aires. Mit ihm wurde die Portrait-Serie für KULTURA EXTRA erweitert.
Die Aufführungen der Neuköllner Oper lohnen sich ebenfalls immer und sind jedesmal überraschend und erfrischend. Unter anderem gab es dort Combattimento x 2, Fuck the Facts und eine sehr freie Interpretation der Bettleropera.
Pellworm – wo ist das denn? Aber eine Reise dorthin lohnt schon deshalb, weil diese Ecke in der Nordsee eine Art Atlantis ist – umgeben von Mythen und Sagen.
The future is female war der Titel einer Reihe von Aufführungen in den Sophiensälen. HUMBUG wurde durch OPERALAB aufgeführt, war sehr amüsant und führte in die Zirkuswelt. In Norway Today waren die zukünftigen Sophies Rois oder Wuttkes dieser Welt zu sehen.
Das Colombian Youth Orchestra erfand Strawinsky neu und das auch noch im Konzerthaus am Gendarmenmarkt und Josep Pons dirigierte Ravel, Falla und ebenfalls Strawinsky.
Bei dem Buch « Eine Sinfonie der Welt » geht es auch um Musik. Hier beschreibt Alexander Bertsch das Leben eines Komponisten in der Nazi-Zeit. Ein schönes Buch!
Hoch im Norden lebt der Dorfpoet und macht sich über sich selber und die Welt lustig - aber lesen Sie selber.
Einen Guten Rutsch mit Trauben, Linsen oder anderen Bräuchen wünsche ich allen Leserinnen und Leser und ich freue mich auf Ihren Besuch im nächsten Jahr!
Christa Blenk