Caligula im Berliner Ensemble
Nichts und der Mond
Gleich drei Eröffnungspremieren gibt es am neuen Berliner Ensemble unter Oliver Reese. Eine davon ist « Caligula » von Albert Camus. Der junge portugiesisch-chilenische Regisseur Antú Romero Nunes stellt mit seiner Inszenierung gleich mehrere Fragen:
Warum oder wie wird man zum Diktator? Ist es Schicksal, hervorgerufen durch Verlust oder ist es eine Entscheidung zur absoluten Macht? Wie weit muss man gehen, um das Unmögliche möglich zu machen?
Ursprünglich war er ein harmloser junger Kaiser. Durch den Verlust seiner Geliebten / Schwester schlägt er einen gefühllosen und skrupellosen Weg zur Macht ein. Wer nicht einverstanden ist, ist Feind und der Feind muss weg. Aber vor allem will er den Mond – ein kindlicher Wunsch!

Viel (Theater)Blut gibt es bei diesem Caligula, viel Geschrei, viele Masken, viel Rauch und Lärm – also wie immer bei den Berliner Inszenierungen – hinzu kommt dieses Mal ein Hurrikan, der durch das Publikum zieht – man spürt den „frischen“ Wind. Ob das ein Zeichen ist, wie es nun im Berliner Ensemble werden wird – mal sehen!
Bevor sich der Vorhang hebt, sucht Caligulas verschlampte und ein wenig vertrottelte Truppe nach dem Nichts und findet auch Nichts. Aber eigentlich suchen sie nach Caligula, denn er soll auftreten. Dazu ist er aber zu deprimiert und steckt nur ab und zu den Kopf durch den Vorhang. Dieser hebt sich aber schließlich doch und ein Tsunami weht durch das Theater, der alle – außer denKaiser – zu Boden reißt.
Caligula ist so etwas wie ein grausamer Zirkusdirektor, der Vorsitzende einer heruntergekommenen Clowntruppe, die sich nicht entscheiden kann ob sie ihn lieben oder hassen soll und die sich gegenseitig anschwärzt. Ihr Auftreten ist demoralisierend und dekadent. Die Kostümbildnerin Victoria Behr lässt sie in abgerissenen und schmutzigen Kleidern herumlaufen, die im Verlauf des Abends immer blutverschmierter werden und ihre Gesichter zeigen noch die verschmierte und gesichtslose Theaterschminke von vorgestern. Die Harlekine sind eine Mischung aus Jack Nickolson als Joker und der musikalischen Todesallegorie bei Viscontis Tod in Venedig.
Caligula wird von der großartigen Constanze Becker gespielt, sie ist ein Glatzkopf in Weiß-Rot! Die Clown-Senatoren sind Oliver Kraushaar, Aljoscha Stadelmann, Patrick Güldenberg, Felix Rech, Annika Meier und Drífa Hansen. Richtig begeistern konnte und der Abend aber trotzdem nicht!
Albert Camus (1913-1960) begann mit 25 Jahren, also 1938, die Arbeit an Caligula und wollte das Stück ursprünglich an einem kleinen Theater in Algier mit ihm selber in der Hauptrolle zur Aufführung bringen. Letztendlich wurde es aber erst 1944 bei Gallimard verlegt und 1945 in Paris unter der Regie von Paul Œttly uraufgeführt.
Gaius Caesar Augustus Germanicus , genannt Caligula lebte von 12 – 41 n.C. und war als Nachfolger von Tiberius römischer Kaiser von 37-41. Hoffnungs- und erwartungsvoll startet seine Ära, die in eine autokratische und wahnsinnige Tyrannei mündet. Er ließ willkürlich unzählige Senatoren hinrichten bis ihn die Prätorianer Garde ermordete.
Christa Blenk