Lucien Freud – Closer
Lucian Freud: Closer Radierungen aus der UBS Art Collection
Lucien Freuds (1922-2011) Radierungen, Zeichnungen oder Bilder könnte man auf die Neo-Neue Sachlichkeit-Schiene stellen. Sie erinnern an Arbeiten von Dix oder Beckmann, die unter dem Einfluss des Ersten Weltkrieges entstanden sind. In den 1980 Jahren sind viele seiner Radierungen entstanden – fast schon ein Alterswerk!
Man fühlt sich nicht wirklich wohl bei der Betrachtung dieser schonungslosen und kruden Darstellung von Körpern, Köpfen oder Gesichtern, die irgendwie auf dem Blatt schweben, sie sind nicht verankert und hängen perspektivlos da herum. Manchmal hat man den Eindruck, dass der Köper gerne das Blatt verlassen möchte. Es gibt keine Stühle oder Blumentöpfe und wenn jemand liegt, dann sieht man weder Bett noch Boden. Freud hat die Hässlichkeit gesucht, sie in den Mittelpunkt gestellt. Jede Art von Idealisierung lag ihm fern. Massige Körper wie primordiale Fruchtbarkeitssymbole mit Tattoo oder schwulstige Lippen, Ideale interessierten ihn nicht. 51 Exponate insgesamt werden in der Ausstellung gezeigt, darunter sein Hund Pluto und sein Lieblingsmodell Susanna. Sie wirkt sehr androgyn, männlich, eckig und herb. Gleich am Eingang ein sehr beeindruckendes Selbstportrait, ein Aquarell, feurig-blass, das einen Mann im besten Alter zeigt.
Freud arbeitete im Stehen, langsam, damit kein Fehler passiert, der auf der Kupferplatte nicht mehr rückgängig gemacht werden kann. Autobiografisch und kompromisslos sollte sein Werk sein, das betonte er immer wieder. Irgendwie hat er sich immer selber gemalt, vor allem an den Lippen mag man das erkennen. Die Radierungen werden nicht als vorbereitende Arbeiten seiner Bilder oder Portraits gesehen.
Die Reichen und Schönen wollten und sind von ihm portraitiert worden – und das nicht nur in England. Seine Portraits haben ihn weltbekannt gemacht.
Closer heißt die Ausstellung und in dieser Zusammensetzung waren Freuds Werke in Berlin noch nie zu sehen.
1922 ist Lucien Freud in Berlin geboren. Als Enkel des Psychoanalytiker Sigmund Freud musste er 1933 mit der Familie – sein Vater war der Architekt Ernst Ludwig Freud - Berlin verlassen und ging nach London.
Die Ausstellung ist noch bis zum 22. Oktober im Martin-Gropius-Bau zu sehen und entstand in Zusammenarbeit mit der UBS Art Collection, Zürich/Berlin.
Christa Blenk