Wir sind Bettler – Luther-Oratorium
Gestern Abend fand die Uraufführung von Daniel Pacittis Oratorium ‘Wir sind Bettler’ in der Berliner Philharmonie statt. Pacitti komponierte dieses Oratorium aus Anlass des 500. Jubiläums des Thesenanschlags von Luther an der Schlosskirche zu Wittenberg als Auftragswerk des Evangelischen Arbeitskreises der CDU/CSU.
Das Libretto verfasste Christian Meißner, der sich an der Sprache von Martin Luther orientierte.
Es spielte das Brandenburgische Staatsorchester Frankfurt unter Leitung des Komponisten selber. Martin Luther wurde großartig von Roman Trekel interpretiert. Die anderen Solisten boten ebenfalls einen soliden Auftritt. Yuriko Ozaki und Cristiane Roncaglio (Sopran); Arttu Kataja ( Bassbariton) und Dominic Barberi (Bass). Außerdem sangen der Kinderchor der Staatsoper Berlin und der Berliner Oratorien-Chor.
Alle Konzertbesucher, die so etwas wie eine neue Misa Criolla erwartet haben, wurden enttäuscht. Protestantischer, asketischer und strenger hätte der katholische Argentinier mit italienischen Wurzeln, Pacitti, so ein Oratorium nicht komponieren können. Emotionen sind so gut wie nicht aufgetreten und sogar die harten Worte des Papstes oder Karl V wurden noch mit milder Strenge vorgetragen. Viele Längen hat das Mammutwerk und man vermisst eine Struktur darin. Das Publikum hat immer wieder zwischendurch und unkoordiniert applaudiert, als ob es sich hier um eine Belcanto Oper handeln würde, was den Maestro einmal sogar zum Abwinken brachte.
Pacitti hat sich viel mit Luther und seiner Zeit befasst, um ihm, dem Mönchlein, sowie der Zeit in der er lebte, so nahe wie möglich zu kommen und wollte aber auf der anderen Seite ein möglichst großes Publikum mit seiner Musik erreichen.
Somit entstand ein „zeitloses“ durchaus beachtenswerte Werk, das man nicht wirklich einer Epoche zuordnen kann!
Strauß-Trompeten, Bachkantaten und Verdi-Chöre werden von mächtiger Orff-Musik abgelöst und driften hin zu Madrigalen, Kirchengesängen und Renaissancemusik, die wiederum von zarten Delibes-Klängen oder Jazzelementen durchbrochen werden. Pacitti hat sogar das von Luther komponierte Lied „ein feste Burg ist unser Gott“ in sein Werk integriert.
Mit knapp vier Stunden kamen Zuhörer und Interpreten an ihre Grenzen. Sogar die Solisten ließen zum Ende Ermüdungserscheinungen erkennen. Dass der aktuelle Papst aus Argentinien kommt, verursacht hier ein Augenzwinkern!
Daniel Pacitti wurde in Argentinien geboren wo er auch Klarinette und Klavier studierte. Nachdem er den ersten Preis des Wettbewerbes Mozarteum Solistas gewann ging er zu einem Klarinettenstudium nach Mailand und später nach Paris. Dort studierte er Dirigieren für Chor und Orchester. In den 1990er Jahren ging er nach Italien zurück und leitete in Triest das Theater Giuseppe Verdi. In der Folge arbeitete er mit unterschiedlichen Orchestern weltweit.
Christa Blenk