Josep Pons dirigiert Ravel – De Falla – Strawinsky

Das Rundfunk-Sinfonieorchester Berlin spielte letzten Samstagabend in der Philharmonie Werke von Ravel, de Falla und Strawinsky.
Krankheitsbedingt konnte François-Xavier Roth das Konzert nicht dirigieren und so übernahm der Spanier Josep Pons kurzfristig Leitung und Programm. Er tauschte lediglich Ravels Rhapsodie espagnole mit dem Morgenlied des Narren aus. Mit La alborada del gracioso begann dann auch das Konzert. Ravel schrieb die Orchesterfassung für dieses kurze, aber intensive Stück 1919 (die Klavierfassung ist von 1905). Pons ist einer der großen spanischen Dirigenten, fühlte sich erwartungsgemäß wie zu Hause mit diesem Werk und übertrug seine kenntnisreiche Begeisterung voll auf das Orchester.
Begleitet von klirrenden, frostigen und verwirrenden Pizzicati und Rhythmusänderungen, durchsetzt von spanischen Exkursen trällert der gracioso (der Hofnarr) auf seinem kurzen Spaziergang am Morgen sein Liedchen und versucht dreimal, ein schönes Fräulein anzusprechen. Dass sie ihm kein Gehör schenkt, scheint ihn nicht sonderlich zu stören oder zu grämen, denn er setzt seinen Morgengesang und Weg unweigerlich fort und dann ist das Stück auch schon vorbei. Leicht und aufregend hat Pons das Orchester durch dieses kleine witzig-aggressive Meisterwerk des undurchschaubaren französischen Spaniers (Ravel wurde im französischen Baskenland geboren hat sich aber sein Leben lang auf sehr romantische Weise zur spanischen Kultur und Musik hingezogen gefühlt) gepeitscht. Aber der Hispanismus schlug große Bögen und war in Mode. Auch andere Franzosen, wie Bizet oder Lalo, befassten sich mit spanischen Themen und sogar in Deutschland bekamen Musikstücke spanische Namen und Kastagnetten-Klänge.
Weiter ging es mit einem spanischen Komponisten, der vor allem die französische Musik, sprich Debussy verehrte: Manuel de Falla hat Noches en los jardines de España 1909 komponiert, zu der Zeit lebte er in Paris und hatte schon die Bekanntschaft mit Debussy gemacht. Es handelt sich hier um eine Folge von sinfonischen Impressionen bei denen der Klavierpart eng mit dem Orchester verbunden ist. Der spanische Pianist Javier Perianes hat das ausgezeichnet interpretiert. Im dritten Satz wird die Alhambra verlassen und geht mit einer leidenschaftlichen Zigeuner-Samba in die Berge von Cordoba. Man muss die Augen schießen und sich Spaniens schönste Gärten – nämlich die Generalife in der Alhambra von Granada – vorstellen (ich habe sie noch zu einer Zeit gesehen, wo man ganz allein darin herumflanieren konnte). Es ist kurz vor Einbruch der Dunkelheit, das Plätschern der Brunnen klingt intensiver wenn sich bei Sonnenuntergang die Konturen verwischen und die hereinbrechende, beunruhigende Nacht, durchbrochen von Andalusien-Folklore und unregelmäßigen arabischen Ornamenten verschärft den Schritt. Ein außergewöhnliches französisch-impressionistisch-andalusisches Werk und grandios interpretiert.

Noch mal übertroffen hat sich Perianes bei der Zugabe: El Amor Brujo (von Manuel De Falla)
Nach der Pause setzte sich diese rauschende Begeisterung fort mit Igor Strawinskys Petruschka. Pons dirigierte die Fassung von 1947. Die Musik zu Petruschka ist wie ein Gang über einen Jahrmarkt. Man schlendert an den verschiedenen Attraktionen und Buden bei wechselnden Geräuschpegeln, Musik, ausgelassen-fröhlichem Stimmengewirr vorbei. Hier wird ein tanzender Bär angepriesen, dort werden lautstark Köstlichkeiten feil geboten, von hinten erklingt die Karussell-Musik, der starke August läßt seine Muskeln spielen, Männer „hauen“ den Lukas und gleich neben uns kündigt der Puppenmeister die nächste Aufführung an. Ein Ton überlagert den anderen, läuft ein wenig neben ihm her und überholt oder bleibt stehen bis sich alles auflöst oder von neuen Stimmen, Verlockungen oder Tönen abgelöst wird. Strawinsky hat das genial umgesetzt und manchmal verstehen sich die auf einander treffenden Klänge überhaupt nicht. Und dann Petruschkas Geist und Ende.
Sehr schönes Konzert das mit viel Applaus belohnt wurde.



Christa Blenk