28 mars 2017 0 Commentaire

Combattimento x 2

combattimento Chiaroscuro Consort Ensemble
Chiaroscuro  Consort Ensemble

Zwischen Gebet und Tod oder: was hat eine Wrestler-Arena mit Monteverdi zu tun?

Nach dem ersten Regieprojekt von HfM Hanns Eisler Berlin und der Neuköllner Oper im Februar 2016, bei dem sich drei Regisseurinnen in je unterschiedlichen Produktionen mit der Zauberin Armida befasst hatten, fand an diesem Wochenende die zweite Nacht der Talente in der Neuköllner Oper statt. Auch dieses Jahr nach einem Epos von Torquato Tasso.

Combattimento x 2 ist das diesjährige Projekt von Tristan Braun (Trauma) und Marielle Sterra (Catch3000), beide aus dem Masterstudiengang Musiktheaterregie der HfM. Braun und Sterra setzen sich auf ganz unterschiedliche Weise mit Claudio Monteverdis dramatischen, achtenMadrigal nachTorquato Tassos Epos “das befreite Jerusalem“auseinander, das wiederum als Grundlage für Monteverdis bahnbrechendes und richtungsweisendes Kriegsdrama“Ilcombattimento di Tancredi e Clorinda“herhielt. Das Madrigal-Drama wurde im Jahre 1624 während des Karnevals im Palast von GirolamoMocenigo in Venedig uraufgeführt.

I: Trauma

Der traumatisierte, christliche Kreuzfahrer Tancredi (Georg Drake) wirft achtlos den leblosen Körper von Clorinda (Isabel Reinhard) auf die Bühne. Er kann es nicht glauben, dass er im Zweikampf seine als Krieger verkleidete Geliebte, die Sarazenin Clorinda, getötet hat. Er dreht, wendet und faltet sie zu Monteverdis schön-rasender Musik, er versucht sie wiederzubeleben, aber ohne Erfolg natürlich. Denn die Geschichte will ja, dass sie stirbt. Verzweifelt wickelt er sie in einen durchsichtigen Plastiksack, den schwarze Hände hinter den Vorhangziehen, dieser öffnet sich und ein minimales Feldlager kommt zum Vorschein.

Um sein Trauma zu verarbeiten, muss er in der Zeit zurückgehen und das Vorher und Nachher beleuchten. Clorinda steht nun einem Heer von wütenden Christen in Springerstiefeln, die ihr Christentum mit vor der Brust gekreuzten Hosenträgern zur Schau stellen, gegenüber, verliert den Kampf, will aber wenigstens das Paradies gewinnen und lässt sich – jedenfalls bei Tasso – kurz vor ihrem Tode noch schnell taufen.

Monteverdis Combattimentodauert nur knapp zwanzig sehr intensive Minuten. Braun hat deshalb weitere Monteverdi-Madrigale und eine Passacaille von Luigi Rossi eingebaut und verlegt die Geschichte kurzerhand ins Paradies, wo eine wütende Clorinda mindestens 1 kg Äpfel zum Tremolo und Pizzicato der MontevediMusik zerquetscht.

Musikalisch ausgezeichnet begleitet vom ChiaroscuroConsort Ensemble.

Trauma
Trauma

 

II: Catch3000

„Ich bekomme heute noch Gänsehaut, wenn ich daran denke, wie Shawn im Matsch zu ihm „I’msorry, I loveyou, sagte und ihn dann unter Tränen pinnte.“(Peter NastkeSpecial Guest)

Der Zeremonienmeister und Schiedsrichter verteilt beim Betretender Arena Namensschilder. Wir nehmen unseren Platz ein und sehen uns nun gegenüber auf der Leinwand sitzen und werden somit zu Zuschauern der Zuschauer.

Beim Wrestling geht es um Schmerz, um Niederlage, um Mut und um Gerechtigkeit, offenbart die Managerin von TancrediThe Tankvor dem entscheidenden Match an. Die Bühne ist nun eine Kampfarena, und dort spielt sich Marielle SterrasCombattimentoab. Hier geht es nicht nur um den Kampf zwischen Christen und Muslimen oder Griechen und Trojanern, hier geht es um den Kampf zwischen den Geschlechtern. Eine Kamera ist live dabei, begleitet Kämpfer und Aktion. Der Zeremonienmeister, Schiedsrichter und Erzähler Testo(Aciel Pol)brieft uns vor dem Gefecht und übt mit uns die Ahs, Ohs und Buhs! Unter christlicher Beweihräucherung und aufgestachelt von den Managern Schrappe (Dennis Depta) und Katchy(Kara Schröder) ziehen die Krieger Quicksilver (Eva Hüster) und The Tank (Felix Witzlau) mit furchterregenden Masken in die Manege und wir halten euphorisch und jubelnd unsere Anfeuerungsplakate hoch. Der Kampf beginnt. Als TancrediThe Tankallerdings feststellt, dass es sich bei seinem Gegenüber um Clorinda Quicksilverhandelt, gibt er auf und verlässt die Arena. Er will kein Trauma, wie wir es im ersten Teil erleben mussten.

Das darauf folgende Match wird von Achill und der Amazonenkönigin Penthesilea ausgetragen und wird eher ein Verbales. Die Managerin tritt frustriert ab und der Schiedsrichter bedankt sich beim Publikum fürs Kommen. Hier wird es kein Blut mehr geben, aber dafür wohnen wir einem waschechtes Waterbording (stellvertretend für die Taufe) bei, aus dem schließlich Clorinda / Penthesilea als Siegerin hervortritt. Eine Glanzleistung von Felix Witzlau und Eva Hüster, die zwischen den kurzen Momenten wo sie den Kopf gerade nicht im Wasser haben aber den Kopf des Antagonisten dafür gerade reindrücken, immer noch schön singen oder rezitieren können.

Musikalisch begleitet durch La Flute (MarinelleDell’Eva) am Cembalo.

Catch3000 (1)
Catch3000

 

Brillante Ideen die großartig umgesetzt und interpretiert wurden. Beide Abende waren übrigens ausverkauft!

Die HfM Hanns Eisler Berlin gehört zu den bedeutendsten Musikhochschulen in Europa. Aus ihr kamen u.a. bekannte Absolventen wie Sol Gabetta, Isabelle Faust, Vladimir Jurowski oder Roman Trekel.

Christa Blenk

 

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