5 février 2017 0 Commentaire

Die englische Katze von Hans Werner Henze

englischekatze

 

Doppelmoral und Meuchelmord: wie die Menschen so die Katzen

Mrs Halifax, das einzig menschliche Wesen im Stück – das allerdings nie zu sehen ist – mag Katzen und deshalb hat sie viele davon. Lord Puff, bejahrt, bigott-scheinheilig, bestechlich, geldgierig und bequem, will Präsident der  K.G.S.R., der Königlichen Gesellschaft für den Schutz der Ratten, werden. Dies kann aber nur zum Erfolg kommen, wenn er vorher heiratet – sagt Mrs Halifax und sucht ihm eine Braut. Diese heißt Minette und kommt vom Land. Jung, bezaubernd, schüchtern, naiv und gehorsam. Minette versucht zwar immer auf die Worte des Pfarrers von zuhause  zu hören, verliebt sich aber doch des Nachts auf dem Dach in den Straßenkater Tom. Davon erfährt der Neffe von Lord Puff,  der charakterlose und bösartige Arnold, er hat nämlich viele Schulden und hofft (zusammen mit seinem Gläubiger) auf das Erbe seines alten Onkels, dazu darf dieser aber nicht heiraten. Er nimmt das nächtliche Techtelmechtel von Tom und Minette zum Anlass und erzählt dem Onkel und der ihn umgebenden maroden Gesellschaft davon.  Aber Minette, die sehr schnell die Gepflogenheiten einer verlogenen und zynischen Gesellschaft gelernt hat, erklärt ihm kurzerhand, dass sie Tom eigentlich nur überreden wollte, dem K.G.S.R. beizutreten. Sie kann überzeugen und wird Ehefrau. Dann gibt es da noch Babette, Minettes Schwester, und Louise, eine Waisenmaus, die von den Katzen adoptiert wurde, um sie zu beschützen. In Wirklichkeit aber ist Louise so etwas wie eine Sklavin, die jeden Tag mit der Spendenbüchse auf die Straße geschickt wird, um zu betteln. Der Ertrag landet jeden Abend direkt im Tresor der Gesellschaft.

Im zweiten Teil sieht man Minette wie sie sich als schöne, reiche Frau eines angesehenen Präsidenten langweilt. Sie muss sich mit Literatur und Malerei plagen, aber vor allem muss sie Cello lernen und das liegt ihr gar nicht. Plötzlich kommt Babette über den Katzenbaum hereingepurzelt und beide beklagen gegenseitig ihr schlimmes Schicksal. Die eine hat zu viel und ist eingesperrt, die andere ist zu frei und hat zuwenig. Minette gibt ihr das Geld, das eigentlich für ein neues Kleid zur Eröffnung einer wichtigen Veranstaltung vorgesehen war.

Tom erscheint wieder, als Deserteur, denn eigentlich wollte er zum Militär um Minette zu vergessen. Wieder werden sie in flagranti vom durchtriebenen Arnold erwischt. Diesmal hilft keine Entschuldigung, die Scheidung droht. Tom schleicht sich als Anwalt von Minette ein und wohnt einem total korrupten und unmoralischen Prozess bei, wird entlarvt und soll verurteilt werden. Nun aber entdeckt der hohe  Richter, dass er der verlorene Sohn vom reichsten aber verschollenen Mann Englands ist, der sein Freund war. Tom hat noch einen Tag Zeit, sein Erbe einzufordern, bevor das große  Vermögen nach seinem 21. Geburtstag in die Hände der K.G.S.R. fällt. Was tun?

Minette muss auf Befehl von Mrs Halifax ertränkt werden und liegt schon im Plastiksack während sie noch schön-traurige Arien schmachtet und Tom davon überzeugt, dass er sich doch bitte nach ihrem Tod um Babette kümmern möchte, was Tom sich durchaus vorstellen kann. Ist sie doch auch so schön wie ihre Schwester. Doch  ist es eine Tragikomödie und ein Happy End ist demnach nicht vorgesehen. Tom, nun edel gewandet wie die anderen Gesellschaftskatzen, findet gerade zu Babette als er hinterlistig erstochen wird, was als Unfall oder Selbstmord durchgeht. Dem Übertragen des großen Vermögens auf die Gesellschaft steht nun nichts mehr im Wege. Louise, die Maus, hat entdeckt, dass man Katzen nicht trauen darf und macht sich vom Acker. Das Böse siegt!

Inspiriert wurde Hans Werner Henze zu dieser Oper durch eine Theateraufführung der  Kurzgeschichte von Honoré de Balzac „Peines de coeur d’une chatte anglaise“, in der eine junge Katze ihre Erlebnisse in einer bürgerlich-vornehmen, jedoch durch und durch skrupellosen englischen Katzengesellschaft schildert. Der englische Dramatiker Edward Bond schrieb daraus diese bissige Gesellschaftssatire.

Die Oper, die eigentlich „eine Geschichte für Sänger und Instrumentalisten in zwei Akten“ heißt, wurde 1983 in Schwetzingen uraufgeführt, mit Henze selber am Pult. Die Resonanz war geteilt. Henzes Streben war es immer „seine Musik aus dem Klangraum herauszunehmen und als eine Sprache zu vermitteln, die von allen verstanden wird“.  Auch bei der Katze hat er alle möglichen Formen ausgetestet. Das geht von Latinorhythmen, über volkstümliche Dreigroschenopernmusik, zur geölten schnurrigen Katzenmusik, hin zum Walzer oder Tango und zur 12-Ton-Musik mit dann wieder fast lyrischen Arien. Wie bei Elegie für junge Liebende  hat er auch hier den Haupt »katzen » Instrumente zugewiesen, so hat Lord Puff die Orgel, Minette tritt zu Geige und Zither mit naiven Walzern auf, Tom wird mit Klarinetten angekündigt, das Heckelphon gehört dem durchtriebenen Neffen Arnold und die zarte Blockflöte der versklavten Maus Louise. Das Werk ist für ein kleines Orchester geschrieben aber mit zum Teil ungewöhnlichen Instrumenten, wie eben das Heckelphon, die Zither oder die Celesta.

Dagmar Schlingmann hat den Darstellern so gut wie keine Katzenattribute gegeben, allerding konnte man sie als solche anhand der sanften und geschmeidigen Bewegungen und angedeuteten Katzenwaschrituals identifizieren. Er geht ja hier auch um das Menschliche im Tier. Niemand mehr ist zu retten und nur Geld zählt, denn Geld schafft Macht.  Diese Talfahrt der Werte zeigt sich auch in einer Schräglage der Bühne, bedeckt mit vielen Kuschelkissen, einem Katzenbaum quer durch den nach vorne abfallenden rechteckigen Kastenraum. Die Rendezvous von Tom und Minette finden auf einer roten Leiter statt und sie müssen sich dazu nach Bergsteigermanier anschnallen, um nicht abzustürzen. Darunter die Unterwelt für die Mäuse und die streunenden, nicht veganen Katzen.

Sung-Keun Park ist ein geradezu genialer Puff, man sieht ihm an, dass er immer zwischen dem Geld und dem warmen Plätzchen hinter dem Ofen hin- und hergerissen ist, eigentlich seine Ruhe haben will, aber die Gier das nicht zulässt. Außerdem hat er sehr textverständlich gesungen. Zum Walzerrhythmus erscheint die wunderbare Minette gesungen von Ania Vegry. Sichtlich sorglos spielt und singt sie sich durch die schwierige Rolle und meistert dies ausgezeichnet. Matthias Winckhler ist ein sehr charmanter und überzeugender Straßenkater, der sehr schnell lernt, sich auf dem Parkett der Reichen und Mächtigen zu bewegen, aber nicht drandenkt, sich einen Bodyguard zu engagieren! 

Das Lob geht an die gesamte Truppe unter der temperamentvollen und zurückhaltenden Leitung von Mark Rohde. Die Gemeinschaftsarien, von denn es viele gibt in der englischen Katze, sind wirklich Katzenmusik geworden.

Einzig die Sprache: wir hätten es lieber in der Englischen gehört!

Großartiger Opernabend!

Christa Blenk

 

tato

Zeichnung: Emanuel Borja

 

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