Surreale Sachlichkeit

Solange die Neue Nationalgalerie noch geschlossen ist, werden an unterschiedlichen Orten in Berlin themenbezogen Bilder aus dieser gezeigt.
Im Hamburger Bahnhof ist gerade Kirchner zu sehen und im Scharf-Gerstenberg Museum noch bis zum 23. April 2017 die Ausstellung « Surreale Sachlichkeit » Werke der 1920er- und 1930er Jahre aus der Nationalgalerie.

Surreale Sachlichkeit scheint erstmal paradox. Geht es um Surrealismus oder um die Neue Sachlichkeit. Oder um den Surrealismus in den Bildern der Neuen Sachlichkeit?
Die in den 20 Jahre entstandene Bewegung Neue Sachlichkeit suchte eine Übertreibung der Realität, im Surrealismus wird die Realität verzerrt oder anders ausgelegt. Jedenfalls geht es um die Zeit zwischen den zwei Weltkriegen. Beide Bewegungen entstanden nach dem ersten Weltkrieg, zum Teil um den Horror dieses Krieges zu verarbeiten und beide Bewegungen waren Antworten auf die avantgardistische Moderne, wie auf den revolutionären Kubismus, den beunruhigenden Futurismus oder den irrationalen Expressionismus, die in den ironisch-aggressiven 1920er Jahren schon wieder anachronistisch erschienen, eine Verleumdung des Expressionismus aufgrund eines Wunsches nach Ruhe und Ordnung, wie das Ernst Bloch nannte.

Und obwohl die Musik nicht mehr nur in Paris spielte (viele französische Künstler stellten in Berlin, München oder Köln aus) produzierten die Franzosen das erste surrealistische Manifest 1924; 1925 wurden in der Mannheimer Kunsthalle die ersten Werke mit dem Titel Neue Sachlichkeit vorgestellt. Die Psyche und eine Art verkappte oder zweideutige Realität hatten die Führung übernommen. In der Ausstellung werden sie nebeneinander oder nacheinander präsentiert und man erkennt, wie ähnlich sie sich sind oder wie gut sie sich ergänzen. Otto Dix oder Christian Schad sind dabei, aber auch viele weniger bekannte Künstler wie Fritz Burmann oder Alexander Kanoldt.

Max Ernst, Salvador Dali oder René Magritte ergänzen auf der Surrealistenseite die Wahrnehmungen, die nach dem ersten Weltkrieg bis zum Aufkommen der Nationalsozialisten die Geschichte von einem anderen Standpunkt aus erzählen. Die gesuchte oder vermeintliche Ruhe in den Bildern war trügerisch; der Witz der Surrealisten zweideutig!

Die Gemälde sind Bestände der Staatlichen Mussen zu Berlin, Nationalgalerie
Christa Blenk