14 novembre 2016 0 Commentaire

Il trionfo del tempo e del Disinganno

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Enjoy yourself – It’s later than you think!

Il trionfo del Tempo e del Disinganno – Der Triumpf von Zeit und Enthüllung (der Wahrheit)

Papst Innozenz XII rief  im Jahre 1700 ein Heiliges Jahr aus. Eine der Konsequenzen daraus war ein totales Opernverbot im sumpfigen und unmoralischen Rom. Auch sein Nachfolger, Papst Clemens XI, achtete auf die Einhaltung dieses. Weil man aber in Rom ohne Oper, Theater oder Musik nicht leben konnte, erfand man kurzerhand das Oratorium. Alessandro Scarlatti soll daran maßgeblich beteiligt gewesen sein. Theologisch fundiert und oft sich auf biblische Themen stützend, konnte ein Oratorium trotz päpstlicher Strenge meistens zur Aufführung gelangen.

Der junge Sache, Georg Friedrich Händel kam 1706 nach Italien und 1707 nach Rom, wo er schnell Zugang zu der kulturellen und wohlhabenden Schicht fand und – auch wegen seiner Virtuosität an der Orgel – begeisterte. Noch im selben Jahr entstand « Il trionfo del Tempo e del Disinganno » . Ein kompositorisches Jugend-Meisterwerk, das an Perfektion und Schönheit fast nicht zu übertreffen ist. Den Text dazu bekam er von dem sehr begabten Benedetto Pamphilj, der sich wohl an Maria Magdalena orientiert hatte und später noch mehr Libretti für Händel schreiben sollte.

Vier allegorische Wesen bestreiten das Werk.

Bellezza,  selber von ihrer Schönheit fasziniert und flankiert von Piacere (Vergnügen), die trotz tickender Uhr darauf besteht, das Heute zu leben und nichts zu verpassen stehen Tempo (Zeit) und  Disinganno (Wahrheit  oder Enttäuschung) gegenüber. Ein geistreicher Disput zwischen Vergänglichkeit, Religion, Demut und Frivolität.  Jürgen Flimm lässt die Geschichte in einem schicken Restaurant wohl in Berlin Mitte spielen, die rich and beautiful people kommen selber gerade aus Händels Aufführung in der Staatsoper, was wir am Programmheft erkennen können.  Es war sicher eine Premiere, denn Alle sind in lange und sehr elegante Roben gewandet. Ein Kommen und Gehen von anderen Konzertbesuchern, die nur stumme Rollen haben, sich lebhaft unterhalten und zum Teil auch gar nicht auf den anspruchsvollen und philosophischen Disput unserer vier Allegorien achten.  Bellezza-Marilyn, auch physisch immer hin- und hergerissen zwischen dem Vergnügen und der Uhr, fühlt sich sichtlich bedroht von den knallharten Ermahnungen der ernüchternden Disinganno und schwört aber trotzdem Piacere ewige Treue, was sich als großer Fehler herausstellen wird.

Händels musikalische Lösungen für jedes Bild sind dramatisch, beschreibend um umwerfend schön. Berauscht-verzückt, heißblütig,  vielfältig und amüsant-unterhaltsam dann wieder klagend-leidend, nachdenklich, unsicher und schwermütig-grüblerisch oder sinnlich oder komisch – Händel hat für jede Rolle den richtigen Ton gefunden. 

So gesehen entfernt sich Il Tionfo sehr weit vom herkömmlichen Oratorium. Der auch musikalisch stille und bescheiden hingenommene Stieg der Kirche hat es aber immer salonfähig bzw. kirchenfähig gemacht. Händel selber hat bestimmte Fragmente in spätere Werke, wie z.B. in Rinaldo, nochmals überarbeitet und eingebaut und einige Melodien wohl schon im Hamburger-Gepäck nach Rom gebracht.

Disinganno (ausgezeichnet Sara Mingardo) ist die einzige dunkle Stimme, erdverbunden und ernst-mahnend. Tempo  (Charles Workman, Tenor), war auch schauspielerisch ganz in seiner Rolle. Inga Kalna hat das Vergnügen mit Temperament, Ärger und Perfektion hingedonnert. Piacere hat wohl auch die aufregendsten Arien in dem Stück. Die Schöne war Hélène le Corre. Bemerkenswert und fast schon ein wenig pathetisch wie sie sich von einer aufgedonnerten Blondine in eine Büßerin verwandelt und sich demütig auf den Boden wirft; dies vor den Augen der müden Kellner die nach Hause wollen, die Stühle auf den Tisch stellen und die Tischdecken auf den Boden werden, was  das Restaurant irgendwie in ein Kirchenschiff verwandelt.

Und natürlich die Staatskapelle Berlin mit Sébastian Rouland am Pult – unverwechselbar dynamisch, einfühlsam und  perfekt!

Ach ja, und Händel selber hat sich in dem Stück auch eine Rolle gegeben und deshalb wird er zur Sonata im ersten Teil er als anmutiger Jüngling an der Orgel (Thomas Guggeis) begleitet von Corelli an der Geige (Wolfram Brandl) ins Restaurant geschoben.

Viel Applaus für alle aber vor allem für das Vergnügen!

 

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nach der Vorstellung

Christa Blenk

 

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