8 novembre 2016 0 Commentaire

Deutschland – Erinnerungen einer Nation – Ausstellung

Deutschland – Erinnerungen einer Nation

 

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 Ausstellungsplakat

 

Der Britische Blick: Deutschland – Erinnerungen einer Nation

Deutschland? Aber wo liegt es? Ich weiß das Land nicht zu finden(Johann Wolfgang von Goethe und Friedrich Schiller, Xenien, 1796)

Seit dem 9. Oktober 2016 ist im Martin Gropius-Bau eine Ausstellung zu sehen, die das Deutschlandbild beschreiben soll – aus Sicht der Briten wohlgemerkt. Der Historiker Neil McGregor, Intendant des sich gerade im Aufbau befindenden Humboldt-Forums und ehemaliger Direktor des British Museum, hat sie 2014/2015 für eben dieses Londoner Museum organisiert. Ziel sollte sein, das vor allem vom 20. Jahrhundert geprägte Deutschlandbild der Briten auf die Vergangenheit auszudehnen und deren Geschichtshorizont zu erweitern. Das Interesse war groß, denn rund 115000 Besucher konnte die Schau in dieses kulturgeschichtlich außerordentlich bedeutende Museum locken.

Mit 200 Exponaten, von denen sehr viele aus dem British Museum kommen, werden 600 sehr bewegte Jahre unseres Landes dokumentiert. Ein Land, das sich immer wieder neu erfinden musste, ein Land, das permanent seine Grenzposten verrückte und seine Zollschranken versetzte, ein Land, das mit unzähligen unterschiedlichen Währungen und Sprachen umzugehen hatte. Ganz anders als bei unseren britischen Nachbarn. Londinium wurde bereits im Jahre 50 n.C. von den Römern gegründet und ist seit 1066 Hauptstadt des Königreichs England; das englische Pfund Sterling wird schon im 11. Jahrhundert zum ersten Mal erwähnt.Eine Informationstafel aus dem 17. Jahrhundert gleich in den ersten Räumen dokumentiert das sehr er- und einleuchtend.

Die Schau beginnt mit der Presseberichterstattung zum Mauerfall 1989 und wandert durch die Themenbereiche „Deutschland – Erinnerungen einer Nation“, „Fließende Grenzen“, „Reicht und Nation“, „Made in Germany“, „Krise und Erinnerung“.

Didaktisch und abwechslungsreich werden Kultur, Wirtschaft und Politik von der Frührenaissance bis zum Mauerfall behandelt. Dichter, Philosophen, Künstler, Erfinder und Politiker kommen zu Wort. Maximilian I, ab 1508 Kaiser des Heiligen Römischen Reichs, gab bei Dürer so Manches in Auftrag. Von Ihm sind einige Arbeiten ausgestellt, darunter die Rhinozeros-Radierung von 1515 (die er übrigens nur nach einer Beschreibung eines solchen fertigte); im selben Raum steht  das Porzellan-Pendant von Johann Gottlieb Kirchner. Tischbeins wandfüllendes Goethe-Portrait in der Römischen Campagna, die deutsche Landschaftsromantik repräsentiert u.a. durch  Caspar David Friedrich, filigrane astronomische Gerätschaften,  Gutenbergs Buchdruck, Luthers Bibel, Heinrich-Heine und ein Neoprenanzug.

Am Brezel-Käfer von 1952 vorbei hat sie uns eingeholt, unsere  finstere Geschichte des 20. Jahrhundert. Dort steht das Lagertor (eine Replik) von Buchenwald.  Das KZ Buchenwald wurde 1937 praktisch vor der Haustür der Bauhaus-Stadt Weimar, der Stadt, in der Goethe und Schiller wirkten, errichtet. Franz Ehrlich, Bauhaus-Schüler und Inhaftierter in Buchenwald hat es entworfen. Von innen lesbar steht dort in Bauhausschriftzügen „Jedem das Seine“. Daneben an der Wand springt uns der Satz von  Paul Celan.„Der Tod ist ein Meister aus Deutschland“ ins Gesicht; Anselm Kiefer hat die Todesfuge in Kunst umgesetzt. Erschütternd die Skulptur « Schwebender“. Ernst Barlach hat sie 1927 für den Dom zu Güstrow gefertigt. Ein in der Luft hängender und in Ketten gelegter Engel mit gebieterischem Kinn, vor der Brust gekreuzten Armen und mit den Gesichtszügen seiner Künstlerkollegin Käthe Kollwitz scheint er wie eine Rakete auf uns zuzuschwingen. Barlach kam als Pazifist aus dem Krieg zurück und hat mit diesem Werk das Drama des Ersten Weltkrieges verarbeitet. Die Schau verabschiedet sich mit einem Offset-Druck einer der Meisterwerke von Gerhard Richters, Betty , sie hängt gegenüber einem  Modell des  neuen Reichstags, schaut ihn aber nicht an, da sie uns und ihm den Rücken zudreht.

« Die Ausstellung öffnet uns den Blick zurück und gibt uns unsere eigene Geschichte wieder“so der künstlerische Direktor und Intendant der Berliner Festspiele, Thomas Oberender.

Das Konzept ist seltsam und hatte natürlich auf der britischen Insel einen ganz anderen Stellenwert. Wir wissen ja, dass es außer Sauerkraut, Fußballhelden, dem Oktoberfest, den romantischen und  bei rieselndem Schnee Glühwein-schlürfenden Weihnachtsmarktbesuchern und der Kuckucksuhr noch Anderes – Schönes und Unschönes, Gutes und Schlechtes  – bei uns gibt.

Auf Interesse scheint die Ausstellung in Berlin aber trotzdem zu stoßen, wenn man die vollen Ausstellungsräume als Maßstab nimmt und beobachtet, wie andächtig die deutschen Gruppen den Ausführungen ihrer Museumsführer zuhören, wenn dieser ihnen Deutschland erklärt!

Sehenswert allemal!

Bis zum 9. Januar 2017 ist sie noch im Walter-Gropius-Bau zu sehen.

 

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Foto in der Casa di Goethe / Rom (Goethe von Tischbein in der Campagna Romana)

Christa Blenk

 

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