Die Geisterbraut
Gruseliger Hochzeitsweg!
Die Geisterbraut, opernhafte und selten aufgeführte spätromantisch-wagnerianische Ballade von Antonín Dvořák (1841-1904) wurde gestern Abend aus Anlass des 175. Geburtstags dieses böhmischen Komponisten von der Berliner Singakademie und dem Konzerthausorchester unter Achim Zimmermann im Konzerthaus in Berlin aufgeführt.
Dvořák hat es nach einem Text von Karl Jaromír Erben für Sopran, Tenor, Bass, Chor und Orchester komponiert. Der ursprüngliche Titel lautete „Die Brauthemden“. Bei uns hat sich Gottfried August Bürger in seiner Lenore 1773 mit diesem Schauermärchen befasst.
Die Geisterbraut spielt im böhmischen Land der Mythen und Legenden und es geht um Liebe und Tod, und ist spooky. Das Stück wurde 1883 mit großem Erfolg zuerst in Pilsen und ein paar Monate später beim Birmingham Festival aufgeführt; diese hatten das Mammutgroßwerk auch in Auftrag gegeben.
Bei der Geschichte geht es um ein junges, frommes Waisen-Mädchen das allein in einem Zimmer sitzt und Brauthemden näht. Seit Jahren wartet sie auf die Rückkehr ihres plötzlich kurz vor der Hochzeit verschwundenen Bräutigams. Sie betet und plötzlich, um Mitternacht, geht die Tür auf und er tritt ein, um sie endlich zu holen. Sie versteht zuerst nicht, dass er schon tot ist. Erst auf dem Weg zum neuen Heim und zur Hochzeitsgesellschaft kommt sie ins Wanken. Auf dem langen, ungemütlichen Pfad – man muss 100 Meilen zurücklegen – versucht sie ihre Angst mit Fragen über die Familie zu minimieren und folgt ihm nur mühsam über Stock und Stein, Waldstrüpp und Hinternissen. Des Bräutigams einziger Beitrag zur Konversation ist die permanente Aufforderung – und dabei wird er kräftig unterstützt vom Bass-Erzähler und vom Chor – sich doch endlich von der Last der religiösen Reliquien zu befreien, um leichter durch die Zeit zu fliegen. So landet nach und nach Gebetsbuch, Rosenkranz und Kreuz im Gestrüpp.
Angekommen an der Friedhofsmauer, weigerst sie sich, als erste drüber zu springen. Sie ahnt nun Schreckliches und flüchtet in ein Leichenhaus. Der dort aufgebahrte Leichnam fängt an sich zu bewegen; sie fleht wieder die Muttergottes Maria an und dann wird es Tag und der Spuk ist vorbei.Was bleibt ist ein verängstigtes Mädchen, das von den Kirchgängern befreit wird.
Große gestalterische Dramatik und tonmalerisch sehr spannende Musik zeichnet diese Geisterbraut aus. Der Chor spielt eine sehr bedeudente Rolle, da er – zusammen mit dem Bass – die Erzählerrolle über hat. Hoffnung, Schrecken, Mutlosigkeit, Schauer, Unsicherheit, Erleichterung, undefinierbare, fremde und unbändige Tierlaute, Glockenklänge führen den Zuhörer von Gänsehaut begleitet durch den Abend. Die Harfe, als Himmelsinstrument, mischt sich immer ein, wenn es ans Beten geht. Das Stück ist gruselig aber auch wieder witzig und sehr abwechslungsreich.
Die Anforderungen an die Sänger sind hoch. Sie müssen sich permanent gegen das Orchester und den großen Chor durchsetzen und obendrein sehr textverständlich singen können. Diesem kam vor allem der Tenor Lothar Odinius glänzend nach. Wenn er sang, musste man nicht mitlesen. Aber auch die Sopranistin Martina Rüping und der Erzähler Philipp Kaven haben sich meistens gut geschlagen. Für letzteren war es noch schwerer, denn er musste gegen Chor und Orchester ansingen.
Langer und begeisterter und verdienter Applaus für diese originelle Kantate!
Vielen Dank!
Christa Blenk