15 octobre 2016 0 Commentaire

Sinfoniekonzert mit Michael Francis und Ian Bostridge

Traum, Nacht, Alptraum

Von Kriegen, Nachteulen und Meeresungeheuern

 

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Midnight’s bell goes ting, ting, ting – …. but the nightingale, and she cries twit, twit, twit  …. and the cats cry mew, mew mew… (Thomas Middleton)

Der Brite Michael Francis gehört zur jungen Dirigenten-Generation: er dirigiert seit 2015 das Florida Orchestra.

In dieser Spielzeit ist er u.a. auch Gast beim Orchester der Komischen Oper Berlin und hat gestern Abend dort das erste Sinfoniekonzert dirigiert. Dazu hat er sich einen anderen Briten, den herrlichen Sänger Ian Bostridge, nach Berlin geholt. Bostridge ist einer der ganz Großen  und auf den bedeutenden Bühnen der Welt zu erleben. 2015 machte er obendrein noch von sich hören, als er über Schuberts Winterreise, die er nicht nur eigenwillig und genial singt, auch ein launiges und sehr originelles Buch herausbrachte.

Die Musik von Benjamin Britten (1913-1946) gehört auch zu seinem Repertoire und von ihm hat er gestern Abend in einem ausgezeichneten Zusammenspiel mit den Musikern Brittens Liederzyklus Nocture Op 60 vorgetragen. Britten hat den Liederzyklus 1958 für sieben obligate Instrumente und Streichorchester und für den britischen Tenor Peter Pears geschrieben. Nocturne liegt eine Reihe von Gedichten englischer Poeten der letzten 500 Jahre zugrunde. Flöte, Englischhorn, Klarinette, Fagott, Horn Harfe und Pauken leiten jeweils ein neues Gedichte/Lied ein. Wie ein Staffellauf, in dem ein Instrument an das andere übergibt.  Am Ende vereinen sich alle Instrumente zu einem concertino. Es geht hier um Träume, Alpträume, um Erinnerungen und Prophezeiungen und um das, was Bostridge daraus macht und das ist sehr viel!

On a Poet’s Lips I slept, nach einem Gedicht von Shelley (aus Prometheus Unbound -1820) macht den Anfang und figuriert in den folgenden 30 Minuten als Bindeglied. Die Streicher geben anschließend an das Fagott ab. In The Kraken, beschreibt Tennyson (1809-1892) ein auf dem Meeresgrund lebendes aber schlafendes Seeungeheuer. Der Einsatz der Harfe markiert den dritten Teil Encinctured with a Twine of leaves, ein Gedicht von  Colerdige (1797). Es ist Mitternacht, die Glocken schlagen. Das ist die Zeit der nächtlich streunenden Katzen. Midnight Bell ist wie ein Weck- oder Lockruf. Keiner mimt wie Bostride Nachtigallen, Eulen und Katzensprache so komisch, dramatisch und treffend nach, das  Horn unterstützt und unterstreicht. Thomas Middleton hat es um 1570 geschrieben.  Mit den Pauken ändert sich die Stimmung. But that Night when on my Bed I Lay von William Wordsworth (1770-1850) wird das September-Massaker in der Französischen Revolution erzählt; Britten Musik ist aber auch Musik, die nach dem zweiten Weltkrieg entstanden ist. Sleep no more! Das Englischhorn trauert zu The Kind Ghost nach einem Gedicht von Owen (1893-1918). Der Dichter erzählt seine Erlebnisse als Soldat im ersten Weltkrieg kurz bevor er an der Front fiel. Brittens War Requiem das er 1962 komponierte, geht ebenfalls auf Texte von Owen zurück. Flöte und Klarinette gehört der folgende Passus. Sleep and Poetry vom Romantiker Keats (1795-1821). Britten zieht hier ganz kurz den Hut vor Wagners Götterdämmerung. Natürlich darf bei so einer Zusammenstellung der britischen Dichter der allergrößte, William Shakespeare, nicht fehlen. Das Sonnet XLIII bildet den Schluss von Nocturne und die bisher nur sporadisch als Solisten eingesetzten Instrumente vereinen sich mit den Streichern.  Britten hat es, nicht nur musikalisch, der Mahler-Witwe Alma Mahler-Werfel gewidmet, die er in den USA zwischen 1939 und 1942, kennen gelernt hatte.

Bostridge ist ein moderner Manierist. Sehr beeindruckend wie der lange und schlaksige Sänger sich darauf einlässt, wie er in die Musik kriecht und wie sein Körper mitsingt, wie er leidet, sich erinnert, träumt und aufwacht. Von ganz unten nach ganz oben, begleitet aber nie übertönt von den Musikern. Einfach großartig!

Nach der Pause gab es aus der Oper Peter Grimes die Four Sea Interludes op 33 für großes Orchester.  Peter Grimes basiert auf einer Dichtung von 1810 des Schriftstellers und Pfarrers George Crabbe (1754-1832) und ist die Geschichte eines Fischers der beschuldigt wird, am Tod von zwei jungen Lehrlingen schuld zu sein und der von der  bigotten und grausamen Dorfgemeinschaft in den Tod getrieben wird. Peter Grimes wurde für Benjamin Britten und den Tenor Peter Pears, der die Titelrolle sang, schnell zu einem großen Erfolg. Britten selber hat einige Instrumentalpassagen für Konzertaufführungen umgearbeitet, darunter eben die Four Sea Interludes.

Eingebettet wurde die Britten Musik von zweimal Robert Schumann (1810-1956). Zu Beginn die Manfred-Ouvertüre op 115 und am Ende Schumanns glückliche und den Neubeginn ankündigende Rheinische.

Christa Blenk

 

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