Yan Pei-Mings grau-schwarz-rot-barocke Rom-Huldigung
Yan Pei-Ming stellt seine römischen Souvenirs in der Villa Medici aus
Vor über 20 Jahren war Yan Pei-Ming für ein Jahr an der Villa Medici in Rom und all das, was er damals im Gepäck mit zurück nahm, hat er gestern in der Villa Medici wieder ausgepackt! Die ganze römische Barockheit wird einem hier ins Gesicht geschleudert.
Jeder kennt Caravaggios großartige Werke in den römischen Kirchen, stand schon bewundernd vor dem grandioses Velázquez-Portrait von Papst Innozenz X, hat vielleicht eine Münze in die Fontana di Trevi geworfen oder kennt wenigstens die aus dem Brunnen steigende Diva, hat Pasolinis dunkles Rom im Kino erlebt und die Bilder des angeschossenen Papstes Paul II gesehen oder seine Beerdigung. Das alles ist schon eine Garantie für Erfolg beim dankbaren Publikum. Der aufgebahrte Aldo Moro setzt dann die politisch-kritische Note in der Ausstellung.
Die in der Villa Medici ausgestellten Bilder sind allesamt im Jahre 2015 entstanden. Großzügige und schnelle Pinselstriche garantieren eine schnelle Produktion. Was er nicht aus den Erinnerungen heraus gemalt hat, kommt aus den täglichen Nachrichten. Aube Noire – schwarzer Impressionismus prangert die Situation der Flüchtlinge an, die das Mittelmeer zu einem Massengrab werden lassen. Sie sind auch die größten Gemälde in der Ausstellung (250 x 500 cm). Noch ein wenig größer als die Papstbeerdigung, die gleich im ersten Raum hängt. Dieses Werk zieht sofort unsere Blicke auf sich, weil der Papst seinen schönen roten Mantel anbehalten durfte. Farbe kommt bei Ming nicht oft vor. Höchstens bei den Päpsten, so auch bei der Innozenz-X-Serie (Innocent X vert, Innocent X rouge, Innocent X gris und Innocent X outremer).
Mings Bilder sind grau-schwarzer Hochbarock und die mit dem römischen Gedankengut entstandene Interpretation der Fontana di Trevi ist eine gemalte Barockskulptur und ruft nach dem Meister Bernini. Alles ist in Bewegung und man hört förmlich das Rauschen der römischen Brunnen übertönt vom Geräusch einer fotografierenden Menschenmenge (vielleicht an einem Regentag). Macht und monochrome Energie sowie dynamische und politische Leidenschaft, spirituelle und physische Auseinandersetzung mit Politik und Gesellschaft und emotionale Manipulation prallen hier aufeinander. Auf der anderen Seite schmeichelt und huldigt er mit dieser Rom-Hommage.Andy Warhol, Francis Bacon, der Velázquezs’ Innozenz X auch nicht widerstehen konnte, Anselm Kiefer, Goya oder die CoBrA Gruppe sind seine vielen Väter. Irgendwie verlässt uns ein déja-vu nicht und die Erschütterung, die bei Kiefer entsteht, bleibt aus. Dabei passen diese Bilder sehr gut in die Villa Medici, sie sind auch für diese Austellung entstanden – allerdings schade, dass man die große Rampe nicht mehr einbezogen hat. Die beeindruckenden Aube noire Bilder wirken im oberen Gang eingequetscht und man hat nicht genug Platz, sie wirklich auf sich wirken zu lassen – aber das mag bewusst so sein, Unwohlsein hervorzurufen.
Mings frühere Arbeiten (eigentlich immer Portraits) sind oft politsch aber beziehen auch Autobiografisches mit ein. Buddha und Bruce Lee, Dominique de Villepin und Obama oder Mao und der Papst und natürlich die Mona Lisa-Beerdigung. Berührungsängste, wenn es um die menschliche Fauna geht, hat er nicht. Das hat man auch gesehen, als er vor ein paar Jahren Paris schockierte, in dem er Politiker genauso feierlich präsentierte wie Prostituierte und Gefangene….
Yan Pei-Ming wurde 1960 mitten in die chinesiche Kulturrevolution hinein geboren und kam mit 21 Jahren nach Frankreich und wurde bald zu einem sehr gefragten Künstler.
Der Kunsthistoriker Henri Loyrette war von 1975-1977 ebenfalls in Rom an der Villa Medici; er hat diese Ausstellung kuratiert und Yan Pei-Ming « nach Hause » geholt und lässt ihn in der Villa Medici seine großformatigen Rom-Geschichten erzählen.
Die Ausstellung geht noch bis zum 19. Juni 2016 in der Villa Medici in Rom zu sehen und ist durchaus sehenswert.
Christa Blenk
Fotos: Christa Blenk