4 mars 2016 0 Commentaire

La voix humaine

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Cristina Zavalloni und Andrea Rebaudengo nach der Vorstellung

 Französische Preziosen

La voix humaine“ (die menschliche Stimme) ist Francis Poulencs letzte Oper. Eine ironisch-tragische Monooper, die 1958 nach einem Theaterstück, das Jean Cocteau 1930 schrieb, entstand. Man braucht eine Sängerin, die auch schauspielern kann, einen Klavierspieler, ein (rotes) Sofa, ein kleines Tischchen, eine unschönes Licht verbreitende Lampe und ein Telefon.

Paris Ende der 50er Jahre: Wie überall, war man auch hier beim Telefonieren auf den Operator angewiesen. Dieser, hier die Mademoiselle, stellte die Verbindung her und es kam durchaus vor, dass andere Gesprächspartner plötzlich im Gespräch oder in der Leitung waren. Diese Situation muss man sich also hier vorstellen.

Jean Cocteau hat genau beschrieben, wie die Frau sein oder sich bewegen sollte. Elegant musste sie auch sein, er wollte keine durch Kummer des Verlassenwordenseins geprägte, vernachlässigte Frau.

Es ist dunkel im Raum und sie liegt zusammengerollt auf dem Sofa, nimmt den Hörer in die Hand und versucht mit ihrer verflossenen Liebe zu telefonieren, was aber durch andere sich in der Leitung befindliche Personen erschwert wird. Das Klingeln des Telefons spielt der Pianist.

Zavallonis „Allô, Madmoiselle“, ist herzzerreißend und nervös-verzweifelt, wütend manchmal, wenn es nicht so tragisch wäre, könnte man es komisch finden! Die Gesprächsfetzen und ihre Antworten lassen erkennen, dass die Beziehung vorbei ist, jedenfalls von Seiten des Mannes.  Er hat eine Andere. Aufkeimende Hoffnung wird in der nächsten Sekunde von zu Tode betrübten Selbstmordgedanken abgelöst.

Ihre zuerst gezeigte Beherrschung oder den gespielten Optimismus verliert sie in dem 40-Minuten Telefonat immer mehr. Sie beschwört verzweifelt Erinnerungen hervor, erzählt von ihrem geplanten aber dann gescheiterten Selbstmord mit Schlaftabletten, versucht Verständnis aufzubringen, erniedrigt sich und beschwichtigt ihn aber gleich darauf, sich keine Sorgen zu machen, wohl wissend, dass er das eh nicht mehr tun würde. „Über das Telefon kann man sich nicht mehr ansehen, dabei könnte ein Blick eventuell nochmals alles ändern.“ Das Gespräch bricht ab, sie lässt sich neu verbinden, aber es geht nur Joseph, der Diener, ans Telefon „Ich bin es, Madame, Joseph“. Aber er ist nicht zuhause, denn er hat vom Restaurant aus angerufen. Peinlich-schmerzlich und zerrüttet versucht sie es abzutun, so als hätte sie es gewusst und der Mademoiselle nur die falsche Nummer – aus Gewohnheit – gegeben. Sie krümmt sich vor Seelenschmerz und fleht das Telefon an, doch wieder zu klingeln. Es klingelt erneut und sie teilt souverän mit, dass er den Koffer wann immer er möchte abholen könnte und und sie bittet img leichen Atemzug inständig, in Marseille nicht in ihr Hotel zu gehen. Wir hören heraus, dass er mit einer anderen Frau dort hinfahren will. Beschwichtigend versucht sie zu lächeln. Stimmungen und Emotionen wechseln sich ab, wobei die Waage immer mehr auf die depressive, die verzweifelt Seite fällt. Sie hängt sich die Telefonschnur um den Hals und singt mit versagender Stimme ein letztes „je t’aime“ (ich liebe Dich). „Weil die Dinge, die ich mir nicht vorstelle nicht existieren“. Hat sie sich mit der Telefonschnur erdrosselt, so wie es Cocteaus Stück vorsieht? Das was in dem Stück nicht gesagt wird, ist mindestens so wichtig als das Gesagte.

Niederschmetternd, dieses Monotragödie. Die Jazz-Sängerin aus Bologna, Cristina Zavalloni war grandios und überzeugend. Diese stimmliche und emotional-darstellerische Herausforderung hat sie ausgezeichnet gemeistert. Unterstützt wurde sie dabei vom italienische Pianisten Andrea Rebaudengo. Francis Poulenc (1899-1963) hat ja in seinen Notizen dem Klavierspieler die Freiheiten über die tempi gelassen, je nach Inszenierung und in Absprache mit der Sängerin. Zu Zavallonis Repertoire gehören nach Schönbergs Pierrot Lunaire oder Brittens Rape of Lucrezia auch Bizets Carmen. Sie kann unglaublich viel mit ihrer Stimme machen.

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Cristina Zavalloni – La voix humaine

Poulenc hatte für die Premiere 1959 in der Komischen Oper in Paris nicht die Callas verpflichtet, sondern die Französin Denise Duval singen und spielen lassen.

Heute ist das Thema aktueller denn je, wenn man an die Bedeutung des smartphones für das Individuum denkt;  die all inclusive Verträge lassen 40-Minuten Gespräche und längere ja auch zu. Pedro Almodovar hat sich wohl hier für seinen Film « Frauen am Rande eines Nervenzusammenbruchs » orientiert ».

Im zweiten Teil des Konzertes sang sie Arien von Satie und Poulenc.

Christa Blenk

Fotos: Christa Blenk

 

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