8 novembre 2015 0 Commentaire

Carmen – mal anders – Orchestra Piazza Vittorio

Nicht für Puristen geeignet!

L’Orchestra di Piazza Vittorio interpretiert die Carmen als klamaukige Volksoper im Teatro Olimpico in Rom

Stellen Sie sich vor: Pedro Almodovar und Emir Kusturica entwickeln gemeinsam ein Projekt. Dazu sucht Eric Rohmer die Schauspieler aus, die Coen Brüder führen Regie, im Buena Vista Social Club in La Havana wird – mit Edith Piaf und Woody Allen in den Hauptrollen – eine Bollywood-Neuinszenierung von Tristan und Isolde gedreht, zu der Frank Castorf das Bühnenbild entwirft.

Die Oper Carmen gehört nicht zu meinen Lieblingsopern, mehr noch, ich finde sie abgesehen von  ein paar mittlerweile zum Gassenhauer gewordenen Arien am Anfang und zum Schluss unsäglich langweilig und langatmig; obendrein singt der Chor immer – wie vom Libretto vorgegeben natürlich  - Toreador (meistens auch noch ohne gerolltes R),  Torrero lässt sich halt nicht so leicht zu dieser Melodie singen.  Und seit einer entsetzlichen Carmen-Aufführung in Taormina im Sommer, wollte ich mir diese Oper nie wieder antun.

Aber dann kam das Orchester Piazza Vittorio. Wir sind mit gemischten Gefühlen in die vorletzte – komplett ausverkaufte – Vorstellung und haben uns – meistens – köstlich amüsiert.

Reduziert auf einige der bekanntesten Arien, dauert diese Carmen gerade mal 1 ½ Stunden.

Carmen ist Mama Marjas, sie ist ein Naturtalent, aufregend und aufreizend. Sie ist die einzige, die in französischer Sprache  singt und tut das  mit einem ganz tiefen Bariton; Marjas ist eigentlich eine Reggae-Tänzerin; Don José ist Evandro ist Don José, er ist Komponist und spielt viele Instrumente, singen kann er eher nicht, tut das aber, ein wenig schwächelnd, in portugiesischer Sprache. Er ist der vom Heimweh getriebene Looser, der sein Leben nicht in den Griff bekommt. Micaela ist Elsa Birgé, sie muss hier von weither anreisen, um Don José von der Mutter einen Brief zu bringen und ihn heimzuholen; aber sie kommt zu spät, denn er ist schon der Carmen verfallen; Birgé  ist frankophon und kommt aus einer Musikerfamilie, ist aber selber Trapezkünstlerin und sonst mit „le vrai-faux mariage de la caravane passe“ auf Tournée. Die Albanerin Hersjana Matmuja (sie hat übrigens ihr Land beim Eurovision Song Contest 2014 vertreten) und der Italiener Dario Ciotoli sind wohl die einzig ausgebildeten Sänger und spielen das einen einsamen Platz suchende Liebespaar, das permanent über dem Lillas  Pastias das Geschehen beobachtet. Der Torrero Escamillo ist Houcine Ataa, er singt seine Arien auf Arabisch. Dann haben wir noch den Gendarmen Zuniga, den Carlos Paz Duque auf Spanisch singt. Die beiden ausgesprochen genialen Tänzer, die gleich am Anfang eine Art Flamenco-Schuhplattler mit Salsa-Elementen hinlegen sind Ovidiu Toti und Adam Jozsef und Manuela ist Ashai Lombardo Arop.

Jetzt haben Sie hoffentlich eine Idee bekommen, wie sich das angehört hat. Witzig und genial, abgesehen von einer zu langen schwunglosen Stelle in der Mitte, bis gewaltige Perkussionsbasstöne Carmens Tod begleiten und einer nach dem anderen auf die Bühne tanzt wo  Elsa Birgé schon steht und  „The man I love“ singt.

Piazza Vittorio ist ein multiethnisches Ensemble das 2002 entstand. Der Italiener Mario Tronco hatte die Idee, unter den Bewohnern mit Migrationshintergrund  vom Senegal bis Argentinien die um die Piazza Vittorio Emanuele (Esquilin) wohnen – die Italiener sind dort in der Minderheit – nach Künstlern, Musikern, Tänzern oder Sängern zu suchen. Ihr erster Auftritt war beim Romaeuropa Festival 2002. Jeder ist auf seine Art ein Künstler oder Interpret aber er tut nicht unbedingt das, was er am besten kann. Die Idee ist wunderbar und das  Gesamtprojekt unbedingt gelungen.

Mal sehen was sie sich als Nächstes ausdenken.

Mario Tronco hat die künstlerische Leitung und Regie, zusammen mit Leandro Piccioni hat er auch die musikalischen Arrangement ausgearbeitet. Von Serge Valletti stammt das Libretto,  Lino Fiorito zeichnet für das Bühnenbild und Katia Marcanio für die  Kostüme.  Giorgio Rossi hat die wunderbare Choreografie entwickelt, er hat u.a. bei Kantor, Bausch und Brook gelernt und das sieht man. Die Choreografie war das Beste an der ganzen Carmen! Dann wirken noch die Musiker El Hadji “Pap” Yeri Samb aus dem Senegal (Djembe, DumDum), Ernesto “El Kiri” López Maturell aus Kuba (Batterie, Congas) der Italiener Pino Pecorelli (Konterbass, und elektronischer Bass) ,der Argentineir Raúl “Cuervo” Scebba (Marimba, Congas und Perkussion), der Tunesier Ziad Trabelsi (Laute) der italienische Gitarrist Emanuele Bultrini , die ausgezeichnete koreanische Cellistin  Kyung Mi Lee,  Marian Serban, und Saria Convertino mit und der Rumäne Ion Stanescu an der Geige sorgte für den Zigeuner Effekt .

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Text über dem Bühnenbild: Vor vielen tausend Jahren machten sich die Zigeuner aus Indien kommend auf einen legendären Weg durch Asien nach Europa. Innerhalb eines Jahrhunderts haben sie bei den meisten Europäern den Ruf bekommen Wahrsager, Nomaden, Musiker, Sänger, Tänzer, Bettler und Diebe zu sein.

Agostino Ferrente hat einen Dokumentarfilm über dieses Ensemble, dem zur Zeit 20 Künstler angehören, gedreht. Sie kommen aus 11 unterschiedlichen Ländern und sprechen neun verschiedene Sprachen. Einige Mitglieder des Orchesters gehen wieder weg, Neue kommen dazu. Sie machen eine Art nicht  einzuordnende Weltmusik die durch die ethnische Musik aus den jeweiligen Ländern in einer geglückten Fusion mit Rock, Pop, Reggae und Klassik entsteht. Abgesehen davon, besteht auch die richtige Carmen von Bizet zu einem Großteil aus Flamenco- oder Zigeunermusik-Elementen. Vielleicht auch die Oper der Zukunft.

Die Oper Carmen von Georges Bizet wurde 1875 in Paris in der Opera Comique  uraufgeführt. Carmen wird als eine Art Vorläufer-Oper des Verismus gehandelt.

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Piazza Vittorio nach der Carmen

Christa Blenk

 

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