Ritratto di Spagna – spanisches Portraitkonzert
Ritratto di Spagna
Französischer Impressionismus fusioniert mit spanischer Folklore
Das Sinfonieorchester und der Chor der Universität Roma Tre haben gestern Abend unter Leitung der italienischen Dirigentin Isabella Ambrosini ein “spanisches” Konzert im Teatro Palladium gegeben. Auf dem Programm standen Stücke von den großen iberischen Komponisten wie Falla oder Turina sowie vom spanisch-geprägten französischen Komponisten Maurice Ravel und Gabriel Fauré. Außer Fauré (1845-1924) sind die drei anderen zwischen 1874 und 1876 geboren.
Das Konzert begann – mit einer 30-minütigen Verspätung – mit zwei Werken von Gabriel Fauré (1845-1924): eine sehr langsame und bedächtige aber sehr schön und sauber, vor allem gesungene, Version von Cantique de Jean Racine (Fauré hat es als 19jähriger geschrieben) gefolgt von seiner Pavane op 50 (entstanden 1887) für Orchester und Chor. Im Anschluss wagte man sich an Manuel de Fallas El amor brujo. Wie gesagt, man wagte sich. ,Diese Konzertsuite hört sich anders an, was zum Teil aber auch an der Sängerin, Amalia Dustin, lag. Einfach unverständlich, warum man in Rom sie dafür ausgesucht hat.! Sie hat eine kleine Stimme (oder war das Orchester zu dominant!) und kein Temperament für diese Rolle, die sonst leidenschaftlich von Vollblut-Sängerinnen wie Rocio Jurado präsentiert und dargestellt wird. Uns blieb also nichts anderes übrig, als ihr wunderschönes, spanisch anheimelndes Kleid und ihre verzweifelten Versuche, mit ihrem roten Schal Passion, Rituell oder Leidenschaft zu mimen, zu betrachten. Schade und peinlich! Sie hat dieses Konzert heruntergerissen.
Manuel de Falla komponierte El Amor Brujo (Der Liebeszauber) während des ersten Weltkrieges auch unter Einfluss der französischen Komponisten, die er während seines Paris-Aufenthaltes ab 1907 kennen gelernt hatte. 1915 wurde diese “Gitaneria” (Zigeunerei) schließlich in Madrid uraufgeführt. Erst später hat er das Werk zum Ballet umgearbeitet und ich verstehe gar nicht, warum es nicht viel öfter von großen Ballettgruppen aufgegriffen wird.
Manuel de Falla ist wahrscheinlich der bedeutendste spanische Komponist des 20. Jahrhunderts. Sein Liebeszauber ist feurig und spritzig und beinhaltet die Folklore seines Heimatlandes ohne die musikalischen Tendenzen Anfang des 20. Jahrhunderts in Paris zu vergessen. Zarzuelamäßig lösen sich Gesang,Tanz und Musik ab. Finsterer Aberglaube, bebende Leidenschaft, Zigeunerritual und rasende Ekstase verbindet Falla in seiner Musik mit schüchterner Zärtlichkeit, asketischer Sehnsucht und wildem Lokalkororit.
Nach einer kleinen Umbaupause wurden wir aber belohnt mit dem wirklich sehr guten Pianisten Massimo Spada der Joaquin Turinas Rapsodia sinfonica op 66 und Ravels Concerto in Sol Major spielte. Auch Turina lebte zwischen 1905 und 1913 in Paris und lernte dort seine Landsmänner Falla und Albéniz kennen, aber auch er wurde geprägt von den Impressionisten wie Debussy oder Ravel und auch er kehrte – wie Falla – vor dem Krieg nach Madrid zurück. Die Werke von Turina werden sehr selten außerhalb von Spanien aufgeführt. Dafür gebührt Ambrosini Dank. Sie gräbt gerne verborgene Schätze aus. Im März 2015 hat sie das Publikum mit einer glänzenden Version „semi-circolo“ von „La Serva Padrona“ überrascht.
Spada spielte im Anschluss Ravels zweites wichtiges Klavierepos in G-Dur (und das Abschalten der vielen Handys um uns herum zeigte, dass die meisten wegen diesem Stück gekommen waren; bei mir war eher El Amor brujo das Zugpferd). Die Komposition entstand 1930 und besteht aus drei Sätzen, von denen jeder sein absolutes Eigenleben hat.
Allegramente beginnt mit einem Knall und verfällt dann direkt in spanische oder baskische Folklore, die Ravel an der spanisch-französischen Grenze in seiner Jugend aufschnappte, dazu gesellen sich die neu entdeckten Jazzklänge die irgendwann in Blues ausarten und plötzlich Gershwins 8 Jahre früher aufgeführte Rhapsody in Blue eine Hommage zollen. Der erste Satz endet mit einer schnellen Akkordfolge (die bekannteste Stelle wahrscheinlich).
Adagio assai beginnt ruhig, bedächtig und mozartig. Hört sich so leicht an aber Ravel sagte darüber, dass dieser Satz in beinahe ins Grab gebracht hätte. Zuerst nur das Klavier, später setzt dann das gesamte Orchester ein. Dissonantes harmonisches Ende.
Presto schließt an die schnelle Intensität und laute Stärke des ersten Satzes an und geht schnell melodisch zu Ende. Dieser Satz hat schon oft Anlass zur Kritik gegeben.
Spada hat sich sehr gut geschlagen und viel Applaus bekommen.
Gerardo AparicioChrista Blenk