Friedrich Wilhelm von Erdmannsdorff
Architekt, Sammler und Zeichner
Friedrich Wilhelm von Erdmannsdorff in der Casa di Goethe
Auf dem Corso sind zur Zeit Zeichnungen aus der Sammlung von Friedrich Wilhelm von Erdmannsdorff (1736-1800) zu sehen. Dreimal insgesamt ist Erdmannsdorf in Rom gewesen und aus dieser Zeit stammen auch die meisten der ausgestellten Exponate. Einige Arbeiten sind von ihm selber, den Großteil allerdings hat er während seiner Aufenthalte erworben. Nach knapp 250 Jahren kehrten somit einige von den Zeichnungen oder Radierungen – für kurze Zeit - wieder nach Rom zurück.
Bei diesen Kostbarkeiten handelt es sich um Römische Veduten, Architekturprojekte, Hand- und Körperstudien, klassische Zeichnungen u.a. von Charles-Louis Clérisseau (1721-1820), Vincenzo Brenna (1741-1806?), Giuseppe Manocchi (1731-1782). Auch ausgestellt sind die zehn Handstudien von Federico Barocci (1535-1612), die Erdmannsdorff vom Bildhauer Cavaceppi kaufte, bei dem er ebenfalls Unterricht nahm. Fundamental diese Aufenthalte in Rom für ihn und ausschlaggebend für seine Entscheidung, Architekt zu werden. Als solchen oder als Gartenanlagenkünstler hat von Erdmannsdorff seinen Platz in der Kunst/Architekturgeschichte; seine Zeichnungensammlung wird allerdings selten erwähnt.
Mit knapp 30 Jahren machte sich der Freiherr von Erdmannsdorff mit 11 Freunden in zwei Kutschen auf zu der standesgemäßen Bildungsreise. Die „ Grand Tour“ führte die Partie durch Deutschland dann weiter nach Österreich, Italien, Frankreich, England und Schottland mit dem Ziel, nicht nur die letzten Benimmregeln und Fechttechniken zu erlernen! Mit ihm reiste seine besondere Vorliebe für die stark von Palladio beeinflusste englische klassizistische Architektur, die ganz wild darauf war, von Rom beeinflusst zu werden. Eines seiner Vorbilder war der Schotte Adam. In den Monaten, die er in Rom und Umgebung verbrachte, suchte er den Kontakt zum einflussreichen Winckelmann „Ich bin von Dessau, lieber Winckelmann und habe Ihres Beystands nöthig. » , traf den Baumeister und Kupferstecher Piranesi und lernte den Maler Hackert kennen, Zeichenunterricht erteilte ihm der französische Architekt und Maler Charles-Louis Clérisseau.
Erdmannsdorff zählt heute zu den bedeutendsten Vertretern des deutschen Frühklassizismus, kannte absolut keine Berührungsängste und saugte auf. Er lernte und notierte, exemplarisch wie Humboldt, Alles über Kunst, Politik, Philosophie und Naturwissenschaften, aber genauso faszinierten ihn politische und militärische Themen oder die Topografie einer Stadt. In Neapel traf er mit dem englischen Gesandten Hamilton zusammen, um sich über seine neuesten vulkanologischen Untersuchungen auf dem Laufenden zu halten. Winckelmann und seine römische Entourage verehrte die Antike und die hier ausgestellten Zeichnungen bestätigen und manifertieren den Wunsch, sie in der Moderne einzufangen oder wieder aufleben zu lassen. In der Ausstellung sind aber nicht nur Zeichnungen aus der Rom-Zeit, mir ist auch eine sehr schöne Zeichnung von Pietro da Cortona aufgefallen.
Vollgepackt mit Gelerntem, Ideen und Eindrücken kehrte von Erdmannsdorff nach Hause zurück wo er sich schnell zum Gründer der neoklassizistischen Architektur in Deutschland entwickelte. Sein wichtigstes Bauwerk im sog. Anglo-Palladianismus, das Schloss Dessau-Wörlitz, entstand um 1770 und besticht mit klassischen Zitaten und englischer Gartenarchitektur und ist seit ein paar Jahren zum UNESCO Welterbestätte erklärt worden.
Friedrich Wilhelm von Erdmannsdorff ist 1736 als Sohn eines kursächsischen Beamten geboren worden. In Dresden besuchte er die sog. Ritterakademie und ging 1757 als Student nach Wittenberg wo er Franz von Anhalt-Dessau kennen lernte.
Er wurde Mitglied im Bund der Freimaurer und ist schon 1759 in die Freimaurerloge Minerva zu den drei Palmen in Leipzig aufgenommen worden.
Seine Architekturprojekte waren begleitet und hinterlegt von Essays und Schriften über Kunst und Architektur. Die Landschaft wollte er verschönern oder dem damaligen Schönheitsideal näher bringen aber seine Gärten sollten auch – ganz im Geiste der Aufklärungsimpulse – für alle zugänglich sein. „Jeglichen Beifall errang, wer Nützliches mischt mit dem Schönen“, schrieb der römische Dichter Horaz - und das war ihm wichtig.
Nach dem Tod Friedrich des Großen 1786 holte ihn Friedrich Wilhelm II umgehend nach Preußen, wo er sich allerdings nicht sehr wohl fühlte. Zu kalt, zu oberflächlich, zu falsch fand er das Leben dort. Als Ehrenmitglied der Königlichen Akademie der Künste und mechanischen Wissenschaften gestaltete er die Gemächer des verstorbenen Königs im Sanssouci Schloss ganz im Stil der Klassik. 1790 kehrte er nach Italien zurück und lernte dieses Mal auch Angelika Kauffmann kennen sowie den Bildhauer Canova. Wieder zurück übernahm er die Leitung der Chalkografischen Gesellschaft in Dessau, wo er 1800 auch starb.
Kuratiert wurde diese Ausstellung von Karen Buttler. Sie ist noch bis 16. November in den schönen und andächtigen Räumen der Casa Goethe zu sehen. Anschließend wandert sie weiter in die Bauhaus-Stadt Dessau und wird dort in der Anhaltischen Gemäldegalerie zu sehen sein.
Christa Blenk
Casa di Goethe – von diesem Fenster aus sah Goethe auf den Corso; Tischbein hat ihn so auch einmal gezeichnet; daneben ein Werk von Via Lewandowski aus der vorherigen Ausstellung.
Christa Blenk
Fotos: Christa Blenk