Ars Ludi – Gegen die Zeit
Ars Ludi nach dem Konzert in der Aula Magna della Sapienza
Percussioni allo specchio: battiti per sconfiggere il tempo : Schlagen um die Zeit zu durchbrechen
Das Ensemble Ars Ludi gibt es seit 1987. Gianluca Ruggeri und Antonio Caggiano haben es ins Leben gerufen und sind immer noch der Motor dieser Percussionisten-Spezialisten. Wenigstens einmal im Jahr treten sie in der Aula Magna in Rom auf und das war gestern abend der Fall. Antonio Caggiano, Rodolfo Rossi, Gianluca Ruggeri und Flavio Tanzi haben knappe 90 Minuten ein echtes beeindruckendes Musik- Fitness-Programm auf die Bühne gebracht.
Der Kampf zwischen den römischen Orazi und der Curiazi-Sippe aus Alba von Giorgio Battistelli (*1953) eröffnete das Konzert: die beiden Musiker kommen in Kampfhaltung – jeder von einer anderen Seite – auf die Bühne und nähern sich ziemlich wütend und ernst an, springen aufeinander zu und das Trommeln, begleitet von Urschreiben, geht los. Während der musikalischen Tätigkeit müssen sie obendrein permanent auf einem Kieselkreis von einem Bein auf das andere stampfen. Battistelli liebt Baumaterialien, das haben wir ja schon bei seinem Werk Experimentum Mundi (uraufgeführt in Rom 1981) gelernt. Unter dem martialischen Gemälde von Sironi passte diese Geschichte ganz vorzüglich.
Von Philip Glass (*1937) eine typische sanfte, leichte und harmonische Komposition Music in similar motion für 2 Marimben und 2 Vibraphone. Unverwechselbar und erholsam nach dem Orazi und Curiazi-Kampf, aber weniger spannend. Das zweite Stück für zwei Marimben komponierte Steve Reich (*1936) und das war – wie so oft bei ihm – eine lange Reise durch den Mittleren Westen mit dem Zug, wir sehen aus dem Fenster und die nur ganz langsam sich verändernde Landschaft zieht vorbei. (s. Artikel über die Music of 18 musicians). Beide Kompositionen sind in den 60er Jahren entstanden.
Von John Cage (1912-1992), dem einzig nicht mehr lebenden von den gestern abend gespielten Komponisten, führten alle Vier die Third Construction für 4 Percussionisten auf. Hier kam von der Kuhglocke bis zur Meeresmuschel und Sambarassel alles zum Einsatz. Das war schon fast nicht mehr minimal sondern höchst chaotisch und aufregend und Extremsport.
Die Überraschung des Abends war die Fughetta editoriale für drei Sprechende von Paolo Castaldi (*1930). Eine Performance-Komposition für drei Sprachsolisten: Opera Buffa à l’italiana, witzig und originell. Der Text besteht lediglich aus Namen von Musikverlegern- oder Verlagen weltweit. Castaldi erklärte es selber natürlich am Besten: “Occorre curare in sede di prova il registro delle altezze, seguendo la disposizione delle note sull’‘esagramma’ che non è un pentagramma, perché si vuole evitare l’emissione intonata o ‘cantata’”. Una parte di questo pezzo, eseguita più lentamente, è quella dedicata agli editori di musica sacra. Può accadere che l’esecuzione si risolva in uno spettacolo da vedere, oltre che un pezzo musicale da udire « was ungefährt bedeutet: (« Man muss sich bei den Proben um den Umfang der Tonhöhen kümmern, indem man die Anordnung der Noten auf dem « Hexagramm » befolgt – also sechs, nicht fünf Notenlinien, weil eine intonierte oder « gesungene » Ausdrucksform vermieden werden soll. Ein Teil dieses Stückes, das langsamer dargeboten wird, ist den Herausgebern von Kirchenmusik gewidmet. Es kann passieren, dass die Darbietung sich zu einem Theaterstück zum Anschauen entwickelt, über ein reines anhörbares Musikstück hinaus. »)
Fantastischer Abend – hoffentlich kommen sie bald wieder!
Christa Blenk