Kaiser Augustus und Königin Kleopatra – zwei Ausstellungen in Rom
Königin Kleopatra und Kaiser Augustus
Was verbindet sie?
Zwei wichtige Ausstellungen in Rom in diesem Herbst helfen, diese beiden so unterschiedlichen Persönlichkeiten mit Parallel-Interessen näher kennen zu lernen und/oder zu de-mystifizieren.
Wir befinden uns um die Zeit 45 v C. bis 14 n.C.
Das Christentum würde sich bald gegen die verschiedenen Religionen, vor allem gegen den Isis-Kult durchsetzen und seinen Weg finden. Gaius Octavius, wird 65 v.C. geboren; Kleopatra 69 v.C. und während sie (mit Mark Antonius) sich mit nur 39 Jahren, im Kaiserwerdungsjahr 30 v.C. das Leben nimmt, wird er als Friedenskaiser den Sprung von vC nach nC schaffen und noch 14 Jahre im Jahr des Herrn leben.
il Germanico (Julius Caesar) di Amelia
Was verbindet sie also? Augustus’ harte Politik hat sozusagen den Tod der beiden Liebenden (Kleopatra und Mark Antonius) provoziert. Macht-beherrscht, kalt und berechnend und nur an sein Rom denkend hat er die Verbindung von Mark Antonius mit der „Griechin“ (so nannte er Kleopatra) von Anfang an verurteilt und keine Gelegenheit ausgelassen, ihren Ruf als Frau und Herrscherin zu ruinieren. Das hat ja auch bis heute gehalten! Er selber hingegen hat sich wesentlich besser vermarktet. Mit der bösen, intriganten, männerfressenden und schlangenartigen aber intelligenten Kleopatra haben sich von Plutarch über Shakespeare bis Hollywood alle befasst. Elizabeth Taylor hat uns dann gezeigt, wie sie ausgesehen hat. Über Kaiser Augustus hingegen gibt es m.E. weder Theaterstücke noch Opern, außer den wunderbaren Lobliedern die die Dichter in seiner Zeit über ihn verfasst haben. Und obwohl er einer der am längsten lebenden römischen Kaiser war und sicher nicht weniger berechnend als sie, lag ihm alles Schillernde fern. Für Kleopatra interessiert sich die Filmwelt, für Augustus die Historiker. Er ging als Friedenskaiser in die Geschichte ein und Frieden ist ja immer schwieriger auszuschlachten als Krieg, Intrigen oder Massaker!
Großzügig betrachtet, war Augustus so etwas wie ein Stiefsohn von Kleopatra. Zu dieser Zeit hieß er aber noch Gaius Octavius und Julius Cäsar, der Liebhaber von Kleopatra, hatte ihn noch nicht zu seinem Nachfolger erkoren bzw. adoptiert. Im Todesjahr von Kleopatra, also 30 v.C. wurde er dann zum Kaiser ernannt und sein Weg als Friedensstifter unter dem Namen Augustus war eingeschlagen. Von 30 v.C. bis 14 n.C. war er Alleinherrscher über das Römische Reich und als solcher beendete er die römischen Bürgerkriege, diese wüteten von 133 – 30 vC und wurden u.a. verursacht durch die Spannungen zwischen Großgrundbesitzern, Kleinbauern und Ritterschaft, die durch die Vorherrschaft im Mittelmeerraum und das immer größer werdende römische Reich und die Römische Republik in eine schwere Krise führte. Augustus betrieb also die Umwandlung der Republik in eine Monarchie, deren Kaiser er über 40 Jahre sein sollte und gründete die julisch-claudische Kaiserdynastie. Die lang anhaltende Friedensphase ist uns als Pax Augusta bekannt und der Monat August ist ebenfalls nach ihm benannt!
Diese Zeit des Friedens brachte Dichter wie Vergil (70 vC – 19 vC) , Ovid (43 vC – 18 nC – ihn schickte der sittenstrenge Familienvater Augustus nach einem dubiosen Traktat in das Exil, aus dem er Zeit seines Lebens nicht mehr zurückkommen durfte) und Horaz (65 vC – 8 vC) hervor und Künstler-Architekten wie Vitruvio. In seiner Zeit ist zum ersten Mal ein Stil entstanden, der sich dann über das gesamte römische Reich verbreitete, wie das Teatro Marcello. Er ließ sogar schon Reparaturarbeiten durchführen, z.B. bei Aquädukten. Augustus selber schrieb Tragödien. Sein Drama „Ajax“ allerdings hat er mit den selbstironischen Worten: Mein Ajax ist in den Schwamm gefallen vernichtet. Horaz hat ihm folgende Eloge gewidmet:
- Nunmehr zieht seines Wegs sicher der Stier dahin,
Ceres segnet die Flur wieder mit reicher Saat,
Friedlich schaukelt das Schiff durch die versöhnte Flut
Treu und Glauben sind neu erwacht (…)
Wen erfüllt noch mit Angst Parther und Skythe jetzt?
Wen Germaniens Brut, Söhne der rauen Luft
Wen, da Caesar uns lebt, kümmert des Krieges Dräun
Fern im wilden Iberien? (…) (Horaz)
Vor 2000 Jahren ist er also verstorben. Die Scuderien del Quirinale zeigen aus diesem Anlass von Oktober 2013 bis Februar 2013 eine umfangreiche Ausstellung über den ersten römischen Kaiser Augustus (65 v.C bis 14 n.C).
Blick von den Scuderien auf Rom
Am Eingang begrüßt uns der junge Kaiser mit nacktem Oberkörper und halber Toga, Macht ausstrahlend, kalt mit Stirnlocke blickt er huldigend auf uns herab. Die kolossale Statue wurde im Amphitheater in Arles gefunden. Das gibt uns dann gleich den richtigen Eindruck und der Kurator hat sich dabei sicher auch etwas gedacht. Ein Gott zu Lebzeiten. Dank eines Kanons wird er sich im Laufe der Jahre nicht viel verändern und bleibt immer der junge durch-trainierte nicht sehr große Augustus mit leicht abstehenden Ohren. Obwohl er historischen Aufzeichnungen nach eher kränklich und nicht sehr kräftig war. Direkt neben ihm, ein wenig kleiner allerdings, steht friedlich, warmherzig und schön seine Frau Livia – sie hat ihn all die 40 Jahre begleitet – als Orante (Priesterin). Die Vatikanischen Museen haben dieses Prachtstück zur Verfügung gestellt. Im nächsten Saal werden wir von einer Ansammlung von Köpfen von allen möglichen Zeitgenossen von Augustus und von ihm selber überhäuft, immer der Haar-Mode dieser Zeit unterworfen.
Zwei hinreißende praxitelische Paare aus der griechischen Mythologie, einmal Orestes und Pylades und dann Orestes und Elektra (wahrscheinlich) heißen uns um nächsten Saal willkommen. Eingerahmt von imposanten Odysseus-Büsten, eine davon aus Sperlonga.
Abgesehen von einigen sehr wichtigen Leihgaben aus dem Louvre, dem Britischen Museum, Wien, Budapest, Cordoba und Sevilla kommen die meisten Exponate aus Rom/Italien. Es ist dennoch ein Erlebnis, sie alle hier versammelt zu sehen wie z.B. der beeindruckende Augustus aus dem Jahre 27 v.C in voller Rüstung, der den großen Mittelsaal dominiert (vor 150 Jahren ist sie erst gefunden worden und seitdem wird sie studiert und untersucht). Seine diplomatischen Erfolge sind als Relief in den Brustpanzer eingearbeitet. Gefunden wurde diese Skulptur an der Prima Porta in der Casa Livia. Außer Statuen, Reliefs und Köpfen sind eine große Anzahl an Geschirr und Münzen, darunter ein originelles Kochgeschirr oder vielleicht ein Ofen auf drei Satyrfüßen mit vorgestreckter Hand „Achtung heiß“ zu sehen! Die Ausstellung endet mit einem Meisterwerk aus drei Städten und ist bis dato so noch nie präsentiert worden: Budapest, Cordoba und Sevilla haben die Einzelteile für diesen Reliefen-Zyklus Medinaceli zur Verfügung gestellt. Schon allein wegen dieser Schönheiten lohnt sich ein Besuch in den Scuderien. Die Medinaceli-Reliefe füllen fast den ganzen letzten Saal und wir sind – nach der Betrachtung von fast lieblos aneinandergereihten Gemmen, Münzen und Gefäßen – wieder versöhnt mit der Ausstellung. Dieser Zyklus zeigt wichtige Ereignisse aus den Anfängen der Kaiserzeit, vor dem großen Frieden wie z.B. die Schlacht zwischen Mark Antonio und Augustus, dargestellt auf drei Reliefs von je 105 x 95 cm und jeweils zwei übereinander liegenden Flotten (aus Cordoba). Oder der Kaiser als Wagenlenker mit drei Pferden im Relief, eine Quadriga etc. Die Vision einer neuen Friedens-Ära nach den expandierenden Kriegen und Schlachten.
Mussolinis Italien hat ihm 1937 eine Ausstellung gewidmet, seither nicht mehr. „Augustus und die verlorene Republik“ war der Titel einer umfassenden Schau im Gropius-Bau 1988 in Berlin.
Obwohl in der gut beschilderten Ausstellung nur wahre Meisterwerke ausgestellt sind – schließlich begeht man den 2000. Todestag von Augustus 2014 – fehlt der rote Faden, der die Objekte miteinander verbindet. Sie bleibt ein wenig kalt und stellt eher den Machtmenschen als den Friedensstifter in den Vordergrund. Allerdings weiß ich auch nicht, wie man es hätte besser machen können.
Anschließend sollte man dann gleich in das Ara Pacis Museum gehen, um den Altar als Gesamtwerk zu betrachten. Teile davon aus dem Louvre sind hier ausgestellt.
Street Art
Cleopatra: Ist’s wirklich Liebe, sag mir denn, wieviel?
Antonius: Armselge Liebe, die sich zählen ließe! -
Cleopatra: Ich will den Grenzstein setzen deiner Liebe!
Antonius: So mußt du neue Erd und Himmel schaffen.
(aus Antonius und Cleopatra von William Shakespeare )
Mit dem Leben und Wirken der ägyptischen Königin Kleopatra befasst sich die Ausstellung im Chiostro del Bramate. Mit exquisit ausgesuchten Exponaten aus italienischen und europäischen Museen dokumentiert diese Ausstellung das Umfeld von Kleopatra. Wunderbare Büsten zeigen eine eher eine schlichte, entschlossene, bescheidene aber selbstsichere Frau mit geflochtenen Haaren. Griechisch sieht sie aus und hat mit der Liz Taylor–Ästhetik in dem Hollywood-Schinken gleichen Namens nicht das Geringste zu tun. Die Ptolomäer waren Makedonier, Nachfolger des Feldherren Alexander des Großen. Klug und charmant, verführerisch und hart soll dieser letzte weibliche Pharao gewesen sein und mindestens sieben Sprachen soll sie gesprochen haben. Nach dem Tod ihres Bruders hat sie erstmals alleine und später unter Mitwirkung von Rom regiert. Ihre Versuche, sich gegen die Weltmacht Rom durchzusetzen und ihr Land zu konsolidieren und auszubauen, sind letztendlich gescheitert. Wurde sie oder hat sie instrumentalisiert? Zwei der mächtigsten Römer – Marcus Antonios und Gaius Julius Caesar – lagen ihr zu Füßen. Antonius’ Niederlage gegen den späteren Kaiser Augustus bedeutete allerdings das Ende ihrer Herrschaft und trieb beide in den Suizid. Ägypten wurde sodann zur römischen Provinz ernannt.
Wenn wir heute an Kleopatra denken, taucht automatisch das Bild einer intriganten, schillernden und spektakulär-schönen Frau vor unseren Augen auf – und obwohl ihre Person negativ besetzt ist, hat sie alle Zeiten hindurch Dichter, Musiker und Maler inspiriert – wesentlich mehr als Kaiser Augustus. Händel hat sie in einer traumhaften Oper verewigt und Shakespeare in einem Drama.
Sehr viel wissen wir nicht über ihr Leben, aber die 180 Leihgaben aus dem Louvre, dem British Museum, aus Wien, Neapel und Florenz bringen sie uns doch ein wenig näher und zeigen eine Kleopatra fern von Hollywood. Ein zauberhaftes Bildnis von ihr „Nahman“ aus Turin, das bis jetzt noch nie auf die Reise geschickt wurde oder ein Bildnis der Ottavia (Frau von Mark Antonius und Schwester von Augustus), Pompeij-Fresken aus dem Archäologischen Museum Neapel, Büsten von Pompeo und Julius Caesar, Schmuck, Öllampen, Totenmasken, Grabsteine, Bildnisse des mysteriös paganen Kultpaares Isis und Osiris, diese Art Sekte, die sich im späten Hellenismus entwickelt und am längsten noch in der Christianisierung überlebt hat. (Apuleius beschreibt in genialer Weise in seinem „Goldenen Esel“ eine Prozession). Einige dieser Preziosen sind vorher noch nie in Italien gewesen.
Der Kurator Giovanni Gentili hat die Ausstellung in neu Abschnitte unterteilt (die letzte Königin von Ägypten, der Nil, Hellenismus, Ptolomäer, Kunst, Kleopatra in Rom und die Ägypten(sehn)sucht (die dann in Frankreich und Europa zwischen dem 17. und 19. Jahrhundert wieder aufleben wird), neue Kulte und neue Pharaonen. Gut erklärt und leicht zu folgen. Die Wände waren ganz in schwarz gehalten, ob das aber die Exponate schützen oder einen Ausgrabungsort vortäuschen sollte, weiß ich jetzt auch nicht. Auf jeden Fall, war es sehr schön durch diese Ausstellung zu flanieren.
Christa Blenk