Marcello Nardis singt in Ravello
Marcello Nardis singt die Wesendonck Lieder in Ravello – am Klavier wunderbar Laura de Fusco
In Ravello dreht sich alles um Richard Wagner: sei es das Graal Hotel, die Klingsor Bar, das Parsifal Restaurant – aber vor allem die Villa Rufolo. In dieser Villa war Richard Wagner 1880 zu Gast und hat dort endlich Klingsors Garten gefunden (in diesem Garten mit Blick auf Amalfi finden den Sommer über jährlich viele Openair-Konzerte statt). 1953 hat die kleine Stadt oberhalb von Amalfi mit einem himmlischen Blick auf die Costa Amalfitana das Wagner Festival ins Leben gerufen. Wagner-Werke werden dort zwar eher weniger aufgeführt, aber zu spüren ist der Komponist immer noch überall. In den verschiedenen Veranstaltungsorten werden zwischen Frühjahr und Herbst jedes Jahr die unterschiedlichsten Konzerte dargeboten.
2010 wurde mit viel Aufwand das Oscar Niemeyer Auditorium eröffnet. Es ragt direkt ins Meer, passt sich aber vollkommen der bergigen Landschaft und der dortigen, zum Teil arabisch beeinflussten Architektur an. Allerdings gibt es – trotz bereits vieler Nachbesserungen – noch Akustikprobleme. Für das besprochene Konzert mussten beispielsweise um das Klavier Plexiglaswände aufgebaut werden. Ansonsten ist der 500 Plätze passende Saal beeindruckend, und tagsüber sieht man von der Bühne das Meer über ein riesiges Auge.
Kurz nach der Einweihung dieses spektakulären Konzertsaales hat der italienische Tenor und Schubert-Experte Marcello Nardis einen Schubert-Liederzyklus für das Festival begonnen. Im ersten Jahr sang er die Winterreise, dann Die Schöne Müllerin, und dieses Jahr hat er sich Schuberts letzte große Liedersammlung, den 1828 vom Komponisten fertig gestellten sog. Schwanengesang, mit Vertonungen von Rellstab, Heine und Seidl vorgenommen.
Der Sänger hat diesen dritten Zyklus-Abend mit Richard Wagners Wesendonck-Liedern komplettiert - in Italien eine Premiere, da sie hier noch nie von einem Mann gesungen wurden. Die Wesendonck-Lieder, die Wagner für seine Melpomene Mathilde Wesendonck nach Gedichten von ihr komponiert hat, waren ursprünglich für Frauenstimme und Klavier gedacht, obwohl zu Wagners Zeiten dann und wann auch mal ein Mann eines der Lieder vorgetragen hatte. Wenn Marcello Nardis sie singt, bekommen die Lieder einen ganz anderen Sinn, wir hören sie nun aus der Sicht und mit der Sehnsucht eines Mannes; « sie sind sehr männlich », sagt Nardis auf die Frage, warum er sich dafür entschieden hat. Er trägt sie wie ein Gott vor, sehr textverständlich (die harte Schule von Peter Schreier?), jede Note und jeder Buchstabe gefühlt und betont. Mit seinen über drei Oktaven gibt er uns zuweilen den Eindruck, dass mehrere Sänger auf der Bühne stehen. Seine Körpersprache und sein Gesicht ersetzen eine Inszenierung – Freude, Leid, Kraft, Abschied, Sehnsucht, Schmerz!
Am Klavier begleitet hat ihn die Napolitanerin Laura de Fusco – sehr sensibel, sympathisch und energisch; und trotz Lichtproblemen am Anfang haben Beide ganz schnell zueinander gefunden und eine super Performance hingelegt. Kein Husten oder Rascheln im Raum und beim « Atlas » haben alle den Atem angehalten.
Mimmo Paladinos 19 Skulpturen vor dem Eingang zum Auditorium
Villa Rufolo – Tribüne über der Amalfi Küste