Candida Höfer – per la Galleria Borghese
Text auf KULTURA EXTRA
Candida Höfer per la Galleria Borghese
Ausstellung von sieben Fotografien in der Galleria Borghese
Foto: cb
Die Ausstellung « I Borghese e l’Antico », die vom Dezember 2011 bis April 2012 in der Galleria Borghese in Rom stattfand, war der Auslöser für das Projekt „Candida Höfer für die Galleria Borghese“.
Der leidenschaftliche und skrupellose Papstneffe , Sammler und Mäzen von Lorenzo Bernini, Scipione Borghese (aus dieser Zeit kommt das Wort Nepotismus), kaufte im 17. Jahrhundert alles was ihm gefiel und verleibte es seiner Sammlung ein, für die er – außerhalb der römischen Mauern – eine Art Sommerresidenz bauen ließ. Anfang des 19. Jahrhunderts sah sich die Borghese Familie genötigt - „aus familiären Gründen“ (Paolina heiratete einen Verwandten von Napoleon) – an eben diesen einige Schmuckstücke recht günstig zu verkaufen, die sogleich abtransportiert und dem Louvre übertragen worden waren.
Für die Ausstellung im letzten Frühjahr hatte sich der Louvre bereiterklärt, die damals eingekauften Kunstwerke und Skulpturen für die Ausstellung auszuleihen und so kamen sie wieder – für kurze Zeit – nach Rom.
Candida Höfer hat im Auftrag der Gallerie Borghese diesen unwiederbringlichen Moment in sieben großformatigen (180 x 200 cm) Fotografien festgehalten, die seit heute (20.06.2013) im großen Saal im Obergeschoss der Galerie ausgestellt werden. Ihre Fotos zeigen die Räume wie sie im 17. und 18. Jahrhundert in der Galleria Borghese aufgestellt waren. Die Kunstgegenstände sind schon wieder in den Louvre zurückgekehrt. Was bleibt – aber auch nur bis September – sind die Fotografien von Candida Höfer.
Bei der Vernissage wusste ich nicht, was mich erwarten würde und gehe wie immer in das Museum, schaue hoch zu den beeindruckenden Fresken im Foyer, gehe weiter nach rechts zu Canovas Paolina Borghese – sie liegt auch wie immer auf ihrer Chaise longue, vorbei an Berninis David und seiner zauberhaften Skulptur von Apollo und Daphne…. , „aber wo sind denn bloß die Fotos“?. Ich gehe weiter vorbei am schlafenden Hermaphroditen bis dann der Weg vorzeitig unterbrochen wird und die Besucher rechts die Stein-Wendel Treppe hochgeleitet werden und im großen Hauptsaal landen. Der erste Eindruck ist ein Déjà-vu-Erlebnis. An all dem bin ich doch gerade unten vorbeigelaufen. Oder ist es doch anders? Die Perspektive, das Raumgefühl, fehlt etwas, ist etwas zu viel. Leicht schwindelig von dem vielen Barock über und unter und neben mir und dann auch noch die riesigen Fotos die genau so wie das Umfeld aussehen, technisch perfekt natürlich, aber was soll denn das!
Bevor ich aber leicht genervt wieder gehen wollte, hat die Zeit gewirkt und plötzlich war klar. Auf den Fotos ist mehr als im Original zu sehen. Eine seltsame Erfahrung. Höfer lädt den Betrachter ein, in die Fotos zu steigen, den Raum ein zweites Mal zu betreten. Ich denke an das Suchspiel „finden Sie die 10 Unterschiede in den zwei gleich aussehenden Bildern“.
Candida Höfer lebt und arbeitet in Köln und war Professorin für Photographie an der Kunstakademie in Düsseldorf und an der Hochschule für Gestaltung in Karlsruhe. In ihren Bildern haben Lebewesen nichts verloren. Menschen sind nur als Zuschauer oder Bewunderer erwünscht. Ihre Fotos zeigen Bibliotheken, Theater, Universitäten, Innenräume. Heute gehört sie zur fotografischen Avantgarde. Ist sie Künstlerin oder einfach nur eine ausgezeichnete Fotografin? Das Konzept dieser Ausstellung jedenfalls ist ziemlich originell.
Zu sehen sind die Fotos noch bis 15. September 2013 und dann sind auch wieder alle Spuren von „wie es damals war“ verschwunden.
Christa Blenk