29 mai 2013 0 Commentaire

Tizian – Großausstellung in Rom

In Italien ist seit jeher  Kunst  entstanden, vorgestellt, verbreitet und exportiert worden. Für diese geniale und sehr aufwendige Jahrhundertausstellung hat Giovanni Villa, der Kurator, aus allen Teilen der Welt – vor allem aber aus Florenz und Venedig – Tizians beste Stücke nach Rom geholt und diese werden noch bis zum 16. Juni 2013 im ehemaligen Pferdestall des Palastes, in der Scuderie del Quirinale gezeigt. Von der Cafeteria im Zwischengeschoß sieht man auf die Wachablösung des Präsidentenpalastes – il Quirinale. Ihm, dem Präsidenten Napolitano, der seit Jahren das politisch  komplizierte Land immer wieder aufrichtet, ist diese Ausstellung auch gewidmet.

Fast 100 Jahre hat er gelebt! Tiziano Vecellio (ca.1488-1576 ) ist der Hauptvertreter der venezianischen Malerei im 16. Jahrhundert – dem sog. Cinquecento. Seine über 40 ausgestellten Werke repräsentieren und dokumentieren seine drei Schaffensperioden  und beschreiben seinen künstlerischen und sozialen Aufstieg. Schon in der Mitte seines langen Lebens hatte er einen unheimlichen Bekanntsheitsgrad erreicht und war u.a. Hof- und Hauptmaler von Karl V. Die « Serenissima » war im 16. Jahrhundert ein wichtiger Umschlagplatz – nicht nur für Waren und Stoffe, sie beherbergte auch viele wichtige Maler, die für den Klerus und die reichen Bürger (nach dem sacco di Roma 1524 wurden es sogar noch mehr) malten. Und als dann seine Vorbilder und Lehrer Giorgione und Bellini Anfang des 16. Jahrhundert starben, war Tizian viele Jahre lang ohne ernst zu nehmende Konkurrenz. Tintoretto spielte erst ab Mitte des 16. Jahrhunderts eine Rolle, so auch Veronese. Aber seinen Umgang mit Farbe, Licht und Luft in den Bildern, macht ihm keiner nach – höchstens Velazquez!

Tizians Leben könnte man in drei Kreativ-Abschnitte  einteilen: der junge Tizian von 1510-1530, das ist seine Zeit in Venedig, Ferrara und Mantova; dann der erwachsene, bestätigte und angesehene Hofmaler und Innovator zwischen 1530-1550. In dieser Zeit löst Tizian sich von der Renaissance und den Konventionen und entwickelt einen / seinen Stil; und der späte Tizian ab 1550 – die letzten Jahre fast blind, malt er mit den Händen und zum Vorschein kommen unglaubliche Werke mit Nuancen à la Turner.

Gleich am Eingang werden wir mit dem atemberaubenden und furchteinflössenden Martyrium des Hl.  Laurentius (ca. 1550) konfrontiert. Dieses manieristische Gemälde hängt sonst in einer – wenig bekannten – venezianischen Jesuitenkirche. Das Werk ist fast 5 m hoch und knapp 3 m breit, wohl gerade frisch gereinigt worden und bringt wahre Geniestreiche ans Tageslist. Es versetzt den Betrachter in Panik; man hört das Jammern des Heiligen und das Brutzeln des Feuers. Tizian war bei Fertigstellung ungefähr 70 Jahre alt! Dirk Schümer hat es « seine Abrechnung mit der Menschheit genannt ».  Rechts daneben sein Alters-Selbstportrait aus dem Prado (1566).

Der alte Mann ist ganz in schwarz gekleidet und blickt aus dem schwarz-braunen Hintergrund direkt auf die Folterszene. Der einzige Lichtblick ist das verhärmte gelblich-weiße Gesicht, sein Blick ist resigniert und abwesend. Im nächsten Saal « Orfeo ed Euridice » (um 1520), noch ganz nach Giorgione-Stil mit flämischer Landschaft im Hintergrund. Das folgende großformatige Bild darf Goethe beschreiben, er besuchte 1786 mit Tischbein den Quirinal-Palast und war sprachlos: « Noch mehr erstaunte ich vor einem Bild von Tizian. Es überleuchtet alle, die ich gesehen habe. Ob mein Sinn schon geübter, oder ob es wirklich das vortrefflichste sei, weiß ich nicht zu unterscheiden. Ein ungeheures Messgewand, das von Stickerei, ja von getriebenen Goldfiguren starrt, umhüllt eine ansehnliche bischöfliche Gestalt. Den massiven Hirtenstab in der Linken, blickt er entzückt in die Höhe, mit der Rechten hält er ein Buch, woraus er soeben eine göttliche Berührung empfangen zu haben scheint. Hinter ihm eine schöne Jungfrau, die Palme in der Hand, mit lieblicher Teilnahme nach dem aufgeschlagenen Buch hinschauend. Ein ernster Alter dagegen zur Rechten, dem Buch ganz nahe, scheint er dessen nicht zu achten: Die Schlüssel in der Hand, mag er sich wohl eigenen Aufschluss zutrauen. Dieser Gruppe gegenüber ein nackter, wohl gebildeter, gebundener, von Pfeilen verletzter Jüngling, vor sich hinsehend, bescheiden ergeben. In dem Zwischenraum zwei Mönche, Kreuz und Lilie tragend, andächtig gegen die Himmlischen gekehrt. Denn oben offen ist das halbrunde Gemäuer, das sie sämtlich umschließt. Dort bewegt sich in höchster Glorie eine herabwärts teilnehmende Mutter. Das lebendig muntere Kind in ihrem Schoße reicht mit heiterer Gebärde einen Kranz herüber, ja scheint ihn herunterzuwerfen. Auf beiden Seiten schweben Engel, Kränze schon im Vorrat haltend. Über allen aber und über dreifachem Strahlenkreis waltet die himmlische Taube, als Mittelpunkt und Schlussstein zugleich ».

 

Seine « Danae » aus Neapel hängt hier. In diesem Bild plazierte Tizian  – im Gegensatz zu seinen fast copy conform-Gemälden  in Madrid  und in Wien, wo die  Goldmünzen im Rock oder mit einem Teller aufgefangen werden, nur einen erschrockenen Amor auf die  rechte Seite und man sieht ein Stückchen blauer Himmel.  Im nächsten Saal sehen wir ein weiteres Meisterwerk aus dem Escorial/Madrid, Cristo Crocifisso und daneben der Cristo Crocifisso e il buon ladrone – hier hat er ins Freie gemalt, die Körper sind zwischen grau, gelb und weiß, strahlen gleichzeitig Kälte und Schmutz aus und hängen einfach so im Bild, unglaublich! Eine Grablegung aus dem Prado aus 1559 etc.

Auf diesem Niveau geht es auch im Obergeschoß, das seinen Portraits gewidmet ist, weiter.  Für die fülligen und fleischigen Hochrenaissance-Werke wie Flora und  Maddalena hat wohl das gleiche Mädchen Modell gesessen. Karl V mit Hund und die Allegoria del Tempo governato dalla Prudenza - drei Generationen gestützt von drei Bestien (der alte Kirchenvertreter von einer Hyäne, das Leben in der Mitte von einem mutigen Löwen, der Junge von einem Hund. Tizian hat es 1565 gemalt.

 Im letzten Saal hängt ein weiteres Selbstportrait aus der Gemäldegalerie Berlin. Diesmal lässt ihn der Kurator  - wie im ersten Saal schon - auf ein weiteres Schauermärchen blicken, nämlich auf das nicht so bekannte Gemälde aus Kromeriz (das liegt in Tschechien)  La punizione di Marsia - die Bestrafung des Marsya. Der ziegenfüßige Satyr hängt hier in der Mitte des Mammutwerkes  mit dem Kopf nach unten und wird wohl ausgeweidet. So hat sich Tizian vielleicht die Hölle vorgestellt! Die  lieblichen und  lebensfrohen Renaissance Portraits sind wie weggewischt.

Ob er an der Pest, die Ende des 16. Jahrhunderts gerade wieder mal in Venedig herrschte, starb oder einfach aus Altersschwäche ist nicht ganz klar und die Experten streiten sich darüber. Mit seiner Kunst hat es eh nichts zu tun. Ein Drama ist nur, dass er überhaupt gestorben ist!

Christa Blenk

 

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