27 mai 2013 0 Commentaire

The Rape of Lucrezia von Benjamin Britten beim Maggio Musicale Fiorentino

The Rape of Lucrezia von Benjamin Britten beim Maggio Musicale Fiorentino dans Musique firenze-073-150x150 Teil des Bühnesbildes

Das Maggio Musicale Fiorentino  ist das älteste Musikfestival in Italien. Gegründet  1933 von dem Dirigenten Vittorio Gui mit der Idee, zeitgenössische und vergessene Opern von Mascagni bis Stravinsky  aufzuführen. Im Laufe der Zeit ist der « Florentinische Mai »  immer hochkarätiger geworden und hat viele berühmte Sänger und Dirigenten, wie Bruno Walter, Wilhelm Furtwängler, Zubin Mehta und Herbert von Karajan nach Florenz gelockt.  Das Repertoire  hat sich mittlerweile erweitert. Dieses Jahr reichte das Programm von Vivaldi über Mozart, Wagner und Verdi bis hin zu Britten, zu Konzerten und Balletaufführungen. Zubin Mehta ist derzeit der Chefdirigent und Paolo Arcà der künstlerische Direktor.

Ich war im bezaubernden kleinen Teatro Goldoni bei Benjamin Brittens (1913-1976) erster Kammeroper  für nur 13 Musiker  - « The Rape of Lucretia ».  Das Libretto stammt von Ronald Duncan nach einem Schauspiel von André Obey « Le Viol de Lucrete » der sich seinerseits an ein Shakespeare-Gedicht anlehnte.

Daniele Abbado hat die Geschichte als griechische Tragödie in den Farben blau, grau und weiß inszeniert. Die Bühne ist unterteilt: im unteren Teil spielt sich die Handlung ab und darüber – luftig und durchsichtig nur mit Leitern und Brettern verbunden -  der Chor, der sich ab und zu in die Handlung einmischt und dann nach unten klettert. Vor der Bühne hängt eine durchsichtige Leinwand auf der Bilder und Filme vorüberlaufen.

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Etruskersiedlung in Cerveteri/Tarquinia (Foto: © Christa Blenk)

Während die 13 Musiker, glänzend dirigiert von Jonathan Webb, die Ouvertüre spielen, werden auf eben dieser Leinwand Fotos von etruskischen Statuen eingeblendet, im Hintergrund sieht man schon die beiden – weiß-geschminkten – Erzähler in dunkelblauen Tuniken (Chorus Tenor und Chorus Sopran) – ausgezeichnet John Bellemer und Cristina Zavalloni. Sie erklären dem  Publikum die korrupten Zustände im Rom unter der Führung des Etrusker Prinzen Tarquinius   ca. 500 v.C. und beklagen sich über den Sittenverfall.

 

In einem Feldlager vor den Toren Roms zechen die römischen Generäle Collatinus und Junius mit Prinz Tarquinus, dem verwöhnten und kaltschnäuzigen Sohn eines etruskischen Tyrannen. Sie philosophieren über die Untreue der Frauen. (Witzige Passage, als sie erzählen wo welche Dame ihren Gatten betrogen hat). Einzig Lukretia, die Frau von Collatinus, ist züchtig und treu. Sie steht für die Aufrechterhaltung der Sittlichkeit!  Der Frauenheld und Junggeselle Tarquinius – er steht für den Verfall jener – verspottet Junius, dessen Frau ebenfalls untreu war, dieser fühlt sich provoziert und schlägt Tarquinius eine Wette vor. Er soll Lukretias Treue auf die Probe zu stellen. Tarquinius willigt ein und stürmt nach Rom. Chorus Tenor beschreibt den Ritt, begleitet von wilden sehr ästhetichen Reiterbildern. Musikalisch ist diese Szene ein Hochgenuss. Tarquinius kommt mitten in der Nacht im Hause der Lukrezia an, wo diese mit ihren Begleiterinnen  Bianca  und Lucia am Spinnrad sitzt und von der Liebe zu ihren Manne Collatinus spricht. Diese Arien, vor allem die von Lucia, hat Britten ganz klar seinem Vorbild und Meister Purcell gewidmet. Unter dem Vorwand, dass sein Pferd verletzt ist wird er reingelassen und darf seinem Wunsche entsprechend über Nacht bleiben. Der erste Akte geht mit einer umwerfenden Arie der Frauen zu Ende.

Photos-pomp-003-150x150 Street Art (Foto: © Christa Blenk)

Chorus Tenor und Chorus Sopran (sie sind die einzig hellen Stimmen in dem Stück) beschwören einen bevorstehenden Aufstand der Römer gegen die Etrusker.  Lukretia liegt auf ihrem weißen Nachtlager während Tarquinius sich zu ihr schleicht, und obwohl sie sich mit allen Kräften wehrt, wird sie  zum Schluss von ihm vergewaltigt (sein Eindringen ins Schlafgemach wird von Trommeln begleitet, später wird es dann die weinende Harfe sein). Daniele Abbado vergleicht diese Schändung mit den Greueltaten der Nazis und vor uns laufen nun  Filmaufnahmen vor und während des 2. Weltkrieges ab: SA und  SS-Symbolik, Stiefel, Marschieren, Konzentrationslager.  Die Musik rastet aus. Am nächsten Morgen schickt Lukretia ihre Dienerin Lucia weg um ihren Mann zu holen. Er eilt – nichts Gutes ahnend – nach Rom und kommt gerade an,  als sie sich das Leben nimmt, weil sie mit der Schande und der Demütigung  nicht weiterleben kann und will. Dazu ist sie auf die Ebene des Chors geklettert und wickelt sich – während sie ein unheimlich berührendes Lamento singt – in dicke Seile und stirbt vor den entsetzten Augen Aller.

Die  Handlung wird von der Musik perfekt begleitet und wir spüren und hören das Entsetzen und das sich zuspitzende Drama. Die Musik von Britten ist eher traditionell, aber perfekt aufgebaut und ein echtes kammermusikalisches Meisterwerk. So war es auch gleich ein riesiger Erfolg bei der Premiere in Glyndebourne 1946. Es hat keine einzige langweilige Szene oder Note und jedes Instrument und jeder Ton ist perfekt auf die Handlung abgestimmt. Das Libretto ist ausgezeichnet und sehr anspruchsvoll, hat  manchmal sogar witzige Passagen.

Der Kriegsverweigerer und religiöse Pazifist Britten stellt hier sämtliche Ideale und Vorstellungen von Sitten, Ethik und Menschlichkeit an den Pranger und in Frage. Für die nur 13 Instrumente hat er eine dramatische, klare und subtile Sprache gefunden. Arien und Rezitative verbindet er miteinander und baut immer wieder Brücken zur Barockoper (Purcell) so auch u.a. mit der Passacaglia zum Schluss und mit Lukretias Lamento.

Die aufsteigende Mezzo Kirstin Chavez (sie ist zur Zeit die Vorzeige-Carmen)  ist eine sehr authentische und perfekte (zurückhaltende und trotzdem sehr verführerische) Lukretia. Sie hat uns mit ihren Darbietungen fast zum Weinen gebracht, zuerst mit ihrer Liebe zu Collatinus und dann mit ihrem Schmerz. Der kroatische Bariton Miljenko Turkist ein sehr überzeugender agressiver und zynischer Tarquinius.  Sehr gut in der Rolle des seriösen und würdigen Collatinus ist Roberto Abbondanza (Bass), Gabriella Sborgi ist die Zofe Bianca und Laura Catrani die frisch-fröhliche junge Lucia.   Philip Smith ist der neidische und mißgünstige Junius. Die Vorstellung war einfach nur perfekt und obwohl sie alle sehr textverständlich gesungen haben, gab es die Untertitel in englischer und italienischer Sprache.

Ein hinreissendes Werk in einem wunderbaren Umfeld, musikalisch ausgezeichnet – Sänger wie Musiker – nochmals hervorzuheben die beiden « Chöre »: Cristina Zavalloni und John Bellemer, die die Fäden immer wieder zusammen gebracht haben.  Großes Kompliment!

firenze-072-150x150 Teatro Goldini

Christa Blenk

 

 

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